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Sonntag, 17. April 2011

233. Post. Kleinstkern aus SOND008.P.499SÜD.
zwei Schlagbahnen in entgegengesetzter Richtung zur Hauptschlagfläche, also ein Kleinkern mit zwei Schlagflächen (bipolar)
Eine natürliche Kluft bildet eine Schlagfläche
Die Lamellen wurden zu einem konischen Kern geschlagen
Entgegen der Hauptschlagrichtung geschlagen: zwei Lamellennegative




233. Post. Kleinstkern aus SOND008.P.499.SÜD.

SOND008 besteht für mich vor allem aus einer bandkeramischen Siedlung, deren Häuser durch geomagnetische Prospektion und Grabung nachgewiesen werden konnten. Die Siedlung hat eine ungewöhnliche, leichte Nordhanglage, zieht sich aber womöglich über den ganzen Hügel. In den weiter oben und damit südlich festgestellten Anomalien lasse sich aber keine Siedlungsstrukturen erkennen. Die Anomalien erweisen sich als scheinbar regellos sich verteilende Gruben, und im Norden, wo der Siedlungskontext sich in eine tiefe Senke fort setzt, nehmen die Funde im wieder ansteigenden Gelände nicht ab, sondern nach Norden und Osten massiv zu. Wie es zu dieser großflächigen Verteilung der Funde kommt, wurde noch nicht erkannt. Sicher ist, dass sie nicht überall Siedlungstätigkeit markieren. Aus diesen Bereichen kennen wir sowohl keramische Belege der LBK, als auch anderes "Siedlungsinventar," wie eine Flachhacke, zahlreiche Belege der lithischen Grundproduktion und die LBK-typischen Werkzeuge, wie Kratzer, Bohrer und vor allem auch unmodifizierte Klingen und Abschläge. Im Kontext der linienbandkeramischen Häuser fallen wenige, sehr kleine Kerne auf, die "lamellenförmige Klingen" ( siehe Unterscheidung zwischen Klingen und Lamellen) zum Ziel gehabt haben müssen.

Zu diesen kleinen Kernen passt nun sehr gut ein Neufund, der auf den ersten Blick aussieht wie ein sehr hoher Kratzer, hätte er nicht zwei Schlagbahnen in entgegen gesetzter Richtung zur Hauptschlagrichtung. (bipolar "geschlagen", denn wie kann ein so kleines Stück in der freien Hand geschlagen werden?) Die Lamellenbahnen befinden sich an einem Trümmerstück (Grundform ) dessen beide Schlagflächen Bruchflächen an natürlichen Klüften im unhomogenen Rohmaterial des hier überwiegend verarbeiteten, lokal anstehenden Hornsteins sind. Wenige, kurze Angelbrüche beendeten das kurze Leben des kleinen Kerns, also ein "Restkern". Derart kleine Zielabschläge scheinen in den Typenkanon des Neolithikums nur schwer zu passen und ein Zusammenhang des Zeithorizontes sehr kleiner Geräte drängt sich auf: Das Mesolithikum, die Übergangszeit von der Altsteinzeit zum Neolithikum, die Zeit der letzten Jäger und Sammler zur Zeit der sesshaften Bauern. Wenn derart kleine Lamellen das Ziel des Steinschlägers waren, kann man jedenfalls zumindest davon ausgehen, dass die mesolithische Kultur der kleinen Werkzeuge (noch) nicht beendet war, denn eine Verwendung ohne die dafür notwendige Schäftung, die die Mikrolithen erfahren haben müssen, kann man sich damit kaum vorstellen. So gesehen könnten kleine und kleinste "Retuschierabfälle" die beim Auflesen nur wenig Beachtung finden, vielleicht doch einem anderen Zeithorizont bzw. einer Funktion zu gewiesen werden. Die Grenzen in der Ansprache nach Abschlag, Klinge oder Retuschierabfall können also fließend sein.

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