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Montag, 29. September 2014

524. Post. Ein ungewöhnliches Kerngerät

Stark an die Sicheln des Baiersdorfer Plattenhornsteins erinnert ein neues Kerngerät aus Wippingen...

und damit aus einem Siedlungsareal, das an unmittelbare Hornsteinvorkommen stößt. Auf den Oberflächen und im Kontext der Lagerstätte erscheinen Artefakte unterschiedlicher Zeitstellungen, was spätestens dem Umstand geschuldet ist, dass die anstehenden Rohmaterialien über längere Zeiträume die Menschen anzog. So sind bei Grabungen auch verlagerte mittelpaläolithische Komponenten erfasst worden.

 Die Grundform ist ein ungewöhnlicher "Fladen" aus grauem, etwas grobkörnigem Hornstein, der beidseitig noch Kortex trägt.
Eine Längsseite, quasi "Laterale" ist bifaziell mit teilweise in die Fläche greifenden Retuschen modifiziert.

Die "Spitze" täuscht. Links oben befindet sich Kortex. 

Die Rückseite ist bis auf die Kantenretusche ebenfalls mit Kortex bedeckt.


Der Rücken, ein glatter Bruch, zeigt die dünne, fladenförmige Erscheinungsform und den beidseitigen Kortex

An dieser Stelle scheint das Stück vielleicht vom Rohstück getrennt worden zu sein. Es ist das Gegenstück zu der weiter oben gezeigten "Spitze"

Die Schneide nach der einen

und nach der anderen Seite. Im ursprünglich geraden Kantenverlauf fällt ein - vielleicht  rezenter Schaden der ursprünglichen Schneide auf. Da das Stück keinen Kontakt mit landwirtschaftlichen Geräten (fehlender Rost) und eine durchgehende Gleichmäßigkeit der Oberflächen aufweist, ist schwer zu sagen, ob der Schaden durch Gebrauch oder rezente Eingriffe entstand. In der Regel unterscheiden sich frische Brüche auch farblich, da die Oberfläche verwittert. Möglicherweise wurde das Artefakt frisch , also jüngst aus dem Kolluvium oder einem intakten Befund gepflügt und zeigt uns diesen Unterschied nicht. Allerdings fehlt auch jedweder metallische Glanz, den ein frischer Kontakt für gewöhnlich hinterlassen kann.
Ein Gerät aus dem Formenkreis des ( wenn der Schaden alt ist stoßenden) Schnitts, wie schon erwähnt, erinnert es an die neolithischen Sicheln ( "ziehender Skalpellschnitt") aus Baiersdorf, wäre aber hier bisher ein Novum. Die Crux ist, dass sich das Artefakt, so es denn eine Sichel sein sollte, morphologisch nicht von mittelpaläolithischen Biface-Geräten unterscheidet.

Welcome, first visitors from Irak. 

523. Post. Und weiter geht's...

...in westlicher Richtung, ausgehend vom Flurstück: (Post 515)

http://lesefunde.blogspot.de/2014/06/515-post-neue-fundstelle-nahe-blauberg.html

Erste Funde auf einem bereits wieder eingesäten Acker:

Fragmentierte Pfeilspitze. Das Proximalende der Grundform bildet für gewöhnlich die Spitze der Projektile, das hier rezent der Bodenbearbeitung zum Opfer gefallen ist. Entscheiden für die Datierung ist sie jedoch nicht.
Mit der ersten Pfeilspitze, unilateral, bifaziell Kanten retuschiert und mit konkaver Basis, nähern wir uns zeitlich dem schon in der Umgebung Festgestellten./ Eher älterneolithisch erscheint auch diese Pfeilspitze. In späteren Zeitstellungen erscheinen Pfeilspitzen dieser Art flächig retuschiert. Siehe die Pfeilspitzen von Post 516.
Klingenkern, Klüfte durchziehen den Kern, der deshalb vorzeitig verworfen wurde.
Im Umfeld "unversiegbarer Ressourcen" quasi direkt vor der Haustür, ist das Gewicht der Restkerne entsprechend hoch und belegt einen großzügigen Umgang.
Alle aufgenommenen Fundstücke im Bereich der Lagerstätte Blauberg werden mittels Hand-GPS in der Fläche ein gemessen. Interessant wäre, aus welchen Provenienzen sich die Rohmaterialquellen zusammen setzen und ob ein Schwerpunkt durch den nahen Blauberg erkennbar ist..

Oben und unten: Abschlag mit hoher Lateralretusche und von Gebrauchsspuren überprägter Kratzerkappe.
Die Lateralretusche, Grundform Abschlag.

Mittwoch, 24. September 2014

522. Post. Eine (u.a.mittel-)paläolithische Komponente im Neolithischen Siedlungsgebiet...

...konnte auf einem ausgedehnten Siedlungskomplex bei Wippingen ausgemacht werden.


Die mittelpaläolithischen und wohl auch paläolithischen  Funde kamen dabei nicht aus Befunden und gelten als verlagert. Älterneolithische Artefakte weisen auf der Blaubeurer Alb meist keinerlei Verwitterungserscheinungen ("Patina") auf. Anders dagegen Artefakte aus älteren Zeitstellungen. So gilt auch ein gewisses Augenmerk entsprechenden Verdachts"fällen".


In diesem Areal fallen immer wieder, vor allem gegen Ende der Hochfläche im Bereich der Talkante "archaisch wirkende Artefakte" auf, die in einem Kontext einer Primären Residuallagerstätte auf der Oberfläche erscheinen.
Ältere Artefakte aus Hornstein erscheinen dabei ungewöhnlich stark verwittert, oft ledergelb in einer Weise, die sich von den gelb bis rötlich-braunen Varietäten des Bohnerzhornsteins unterscheidet, dessen farblich geprägten Erscheinungsformen seinerseits durch Eisenoxideinlagerungen während der Sekundärlagerung erworben wurden, also schon im Rohmaterial vorhanden sind. Das gilt auch für das an der Oberfläche erscheinende, oft intentionell zerlegte Rohmaterial dort.

Die Unterscheidung setzt einen Anschliff voraus, wenn nicht eine rezente Beschädigung die ursprüngliche Rohmaterialerscheinung während der Herstellung des Artefaktes erkennen lässt.

Einer der "üblichen Verdächtigten"....:heute Neu...

Dorsalseite eines großen Abschlages aus Wippingen.
Ein unilateral retuschierter Abschlag. Das Distalende (oben) war intensiv in Gebrauch und zeigt deutliche Gebrauchsspuren. Die linke Laterale weist unbeschädigte und nicht durch Gebrauch überprägte Retuschen auf. 
Rechtslateral zeigt das Artefakt grobe Retuschen. Hier hat an einer Stelle ein rezenter Eingriff - wohl durch eine Landmaschine - einen Blick auf das ursprünglich hellere Material geschaffen.
Das zerrüttete Distalende,  Eine Art "Kratzerende mit nasenförmigen  Vorsprüngen" zeugt von intensivem Gebrauch

Die Ventralseite lässt den harten, direkten Schlag erkennen, wofür der Bulbus, die Schlagmarke, aber vor allem auch der Schlagflächenrest sprechen. Die Schlagtechnik ist für das gesamte Paläolithikum, aber auch für die Herstellung grober Grundformen im Neolithikum typisch.
Im gesamten Fundkomplex wird immer wieder deutlich, dass das Areal - durch vielerlei Faktoren begünstigt -  über sehr lange Zeit ein begehrter Siedlungsplatz gewesen sein muss. Einzelfundeinmesssungen sind unerlässlich. Vor allem die letzten Siedlungsphasen erscheinen naturgemäß auf den Oberflächen. Die starken Erdbewegungen durch kolluviale Vorgänge lassen aber auch vermuten, dass die ältesten Oberflächen nicht mehr vorhanden sind. Diese Erdbewegungen sorgen neben den landwirtschaftlichen Eingriffen dafür, dass alle Zeitstellungen auf den Oberflächen streuen.

Mittwoch, 3. September 2014

521. Post. Und es geht weiter...

Neue Funde auf der Blaubeurer Alb.

Der Letzte Post ist zwar schon eine ganze Weile her, doch Vieles ist inzwischen passiert.

Alle Fundstellen liegen derzeit durch die Bodenbearbeitung nach einer durchschnittlich guten bis sehr guten Ernte zumindest teilweise wieder offen. Ein Sommer, der dieses Jahr für die eher Wärme liebenden Vertreter unserer Spezies die Erwartungen nicht erfüllt, bescherte in den letzten Tagen den frisch bearbeiteten Flächen jedoch eine kräftige "Dusche" - die beste Voraussetzungen für Prospektionen schafft.
Einzelfundeinmessung auf einer neolithischen Siedlungsfläche. Eine Stelle, die wie es aussieht Funde aus unterschiedlichen Zeithorizonten liefert. Da neben älter neolithischen Artefakten auch jüngere Zeitstellungen an den Oberflächen erscheinen, muss man befürchten, dass zumindest die jüngsten Laufhorizonte zerstört sind und sich bereits im Pflughorizont bewegen. Ihre Verteilung in der Fläche ist damit die letzte Impression und entsprechend zu behandelnder  Nachweis der jüngsten Zeitstellung auf dieser Fläche und im Befund vielleicht nicht mehr erfassbar. 

Unilateral retuschierter  "Klingenkratzer," der vielleicht ursprünglich noch etwas länger war, weil das Proximalende mit dem Bulbus fehlt. Morphologisch erfüllt die Grundform  durch ihr Länge-Breiten-Verhältnis die Definition einer Lamelle. Hier war nicht nur die Kratzerkappe am Distalende der Grundform, sondern auch beide Lateralen Funktonsenden bzw. Arbeitskanten.

Rohmaterial (noch) unbekannter Provenienz. Importiertes Rohmaterial ( hier ein Kern) liefert schon an sich wichtige Informationen über Verbindungen zu Lagerstätten, die sehr weit weg liegen können. Angesichts der üppigen Rohmaterialversorgung direkt vor Ort (Hornstein) wird es für das Auftreten eines alternativen Rohstoffes aber noch andere Gründe geben als bloße Materialbeschaffung.