Powered By Blogger

Sonntag, 28. April 2013

450. Neuzeitlicher Lesefund. Kurioses.

Heute möchte ich dem Blog- untertitel gemäß einen weiteren der wenigen neuzeitlichen Lesefunde einstellen, wie sie ebenfalls auf den Oferflächen vorkommen. 
Darf ich vorstellen:
Was zunächst wie der Boden einer Getränkedose aussah, entpuppte sich als Taschenuhr. Ein schmerzlicher Verlust dürfte es gewesen sein, als der Bauer diesen feststellte.

Da das Gehäuse versilbert ist, ließ sich der hintere Gehäusedeckel  noch problemlos öffnen. Ersten Einschätzungen nach handelt es sich um eine Schweizer Taschenuhr vor 1900.
"REMONTOIR, CYLINDRE 6 RUBIS" .ist auf dem Gehäusedeckel frei Hand (?) eingraviert. Nach der Reinigung wird noch ein Detailfoto dazu folgen. Remontoir steht für Kronenaufzug und 6 Rubis=Rubine= steht für 6 Lagersteine.  Die Taschen- oder besser schwäbisch "Sackuhr" war früher gerne etwas, was man zum ersten Mal bei der Konfirmation als Geschenk sein Eigen nennen durfte. Eine Art Initiationsritus als Aufnahme in die Welt der Erwachsenen, die den Beschenkten lange begleitet hatte. Hoffentlich hat der Stundenschlag der  Kirchturmuhr von Sonderbuch den Verlierer damals rechtzeitig zum Vesper gerufen...Für gewöhnlich wurden die Uhren an einer Kette, verbunden mit der Weste getragen. Der Bauer war aber wohl im Blauhemd und nicht mit der Sonntagsweste unterwegs. (SOND008)

Nach der ersten Reinigung:
der Rahmen erscheint aus massivem Silber.
Staubdeckel (Innendeckel) versilbertes Kupfer

Das Innenleben... mit erstaunlichem Erhaltungszustand.



Die beiden äußeren Sprungdeckel (?) vielleicht ebenfalls aus Silber, fehlen. Mit ihnen kamen auch das Zifferblatt und die Zeiger abhanden.

449. Funktion: Bohrer.

Die Ansprache von modifizierten Artefakten nach ihrer Funktion ist meist unzweifelhaft bei Bohrern gegeben.
Oft lösen in Foren die Ansprachen von modifizierten Artefakten, etwa bei Schabern oder Kratzern Diskussionen aus, weil ihre tradierten, ursprünglichen Bezeichnungen mal nach Funktion (Bohren, schaben, kratzen), mal nach Erscheinungsbild (Schuhleistenkeil...) getroffen wurden. Eine einheitliche Morphologie hat sich noch nicht wirklich durchgehend durch gesetzt. Oft sind die Funktionen fließend und lassen verschiedene Interpretationen zu, beispielsweise, wenn Kratzer noch zusätzliche Lateralretuschen aufweisen in der Weise, über die Schaber definiert werden. Prof. Dr. Kind hat in dem Band "Steinartefakte", erschienen im Kerns Verlag, auf diese Problematik ebenfalls sehr anschaulich hin gewiesen. 
Nach den Projektilen, den Pfeilbewehrungen, sind es vor allem die Bohrer, die wenig Interpretationsspielraum zu lassen. Lediglich zwischen diesen beiden Kategorien scheinen manchmal die Grenzen zu fließen. Bohrer werden seit Mitte des 19. Jh. beschrieben. 

Der Großteil aller Bohrer jedoch lässt sich seit vor allem jung paläolithischen Zeiten bis zum Ende der Steinzeit relativ gut bestimmen. Vorher folgen sie keiner bestimmten Systematik. Im Jungpaläolithikum sind sie noch ein akzessorischer Bestandteil von Inventaren und spielen keine vorherrschende Rolle. Das verstärkte Aufkommen von Behausungen, Kleidung und Gegenständen mit Loch oder Löchern wie Perlen, Anhänger, Schmuckschnecken, Nadeln, Rondelle, Lochstäbe und Harpunenbasen stehen damit in Zusammenhang. 
Was jedoch in der Regel ohne wirkliche Beantwortung bleibt ist die Frage,   w a s  letzlich damit bei dem vermehrten Aufkommen im Neolithikum gebohrt wurde, besonders wenn an Fundstellen wie auf Sonderbuch Grund eine auffällig hohe Fundfrequenz dieser Artefakte erscheint und sie eine markante Rolle gespielt haben müssen. Eine deutliche Vorliebe für eine bestimmte Grundform lässt sich auch erkennen, da für die Herstellung überwiegend Klingen verwendet wurden. Nahe liegend ist, dass die zu durchbohrenden Materialien wohl organischer Natur waren und deshalb in aller Regel ohne Erhaltung geblieben sind. 
Sicherheit geben in neuerer Zeit die Gebrauchsspurenanalysen. Mikrogebrauchsspuren sind überwiegend an Bohrern aus bandkeramischen Inventaren fest gestellt worden. Hier ist das Bohren von Holz und Haut belegt. Wichtige Erkenntnis ist auch, dass nicht immer die Spitze entscheidend also die Bohrfunktion von Bedeutung war, sondern damit auch Löcher in Holz ausgeweitet wurden. Dem gemäß befinden sich die Gebrauchsspuren an den lateralen Kanten des Artefakts. Die Kanten scheinen oftmals sehr viel mehr in Gebrauch gewesen zu sein, vielleicht aber auch ein Hinweis darauf, dass sie entweder nicht immer geschäftet waren, oder man die Stücke erst zu Bohrern umarbeitete, nachdem die Kanten nicht mehr zu gebrauchen waren.
neue Bohrer aus Sonderbuch:

Nahezu 100 Bohrer sind mittlerweile auf einer einzigen Fundstelle erfasst worden. Die hohe Zahl fiel sowohl bei einer archäologischen Untersuchung (Grabung) auf, als auch durch Lesefunde. Sie scheinen damit gleichermaßen in Gruben gelangt  als auch auf den Oberflächen zurück geblieben zu sein. Die Häuser der Stichbandkeramik weisen noch Längen bis zu 40m auf. Bohrer finden sich auf der gesamten Siedlungsfläche und es ist nach meinem Eindruck nicht von Aktivitäszonen aus zu gehen an denen sie konzentriert auftreten.  Nur Einzeleinmessungen könnten  das sicher belegen.

Sehr feine, kleine Bohrer einer Fundstelle, die neben der Stichbandkeramik auch linienbandkeramische Komponenten aufweist.
Die frühe Linienbandkeramik ist in Bezug auf die Keramik, den Hausbau und das Werkzeuginventar noch relativ einheitlich. Die Stichbandkeramik, die auf Flur Grund nachgewiesen wurde datiert zwischen 4900 - 4500 vor Christus und ist schon stark regionalisiert. Ist das erhöhte Aufkommen von Bohrern der Sonderbucher Siedlung auch ein regionales Spezifikum?

Nach der gängigen Morphologie weisen Bohrer definitionsgemäß zwei retuschierte Kanten auf, die sich in einer deutlichen Spitze treffen. Die Retusche ist meist dorsal angebracht, kann aber auch ventral oder alternierend angelegt worden sein. (Zit: Die Silexgeräte der Linienbandkeramik, des frühen Mittelneolithikums und der Rössener Kultur,  Birgit Gehlen in Steinartefakte, Kerns Verlag) 




Sonntag, 21. April 2013

448. Post. Kernsteine von heute Morgen

Von einer Fundstelle, auf der das beginnende Mittelneolithikum, bzw. die Stichbandkeramik archäologisch nach gewiesen ist (Grabung), zeitigt das dem Winter folgende intensive Regenwetter nach der Aussaat die ersten Funde.
Naturgemäß folgen die kleineren Artefakte den großen, die sich zuerst an der Oberfläche zeigen. 
Dazu gehört in erster Linie die große Anzahl von Trümmern, groben Abschlägen, Debitage. Kerne, wie die neu vor gestellten, zählen zu den erfassten, ab gelesenen ( collected artifacts) Artefakten. Erfasst heißt ein gemessen. 
Auffällig ist der höchst unterschiedliche Erhaltungsgrad. Es ist offensichtlich, dass viele Artefakte schon sehr lange im Pflughorizont bewegt werden. Dafür sprechen die deutlichen Bestoßungen, die immer mit Rostspuren einher gehen. So bewegt sich die große Masse der reichen Fundstellen auch weiterhin in diesem ungeschützten Bereich und ist der völligen Zerstörung durch Pflug, Egge & Co. preis gegeben. 
Auswahl an Kernen von heute Morgen...

relativ gut erhalten und noch nicht nennenswert bestoßen...

dagegen zeigt sich oben links im bild ein konischer Klingenkern, dem die Landmaschinen schon wesentlich zu gesetzt haben


Kern mit deutlichen "Steckenbleibern"

welcome visitors from china! 歡迎到我的博客。

Samstag, 20. April 2013

447. Post. Ein neuer Bohrer von der Gemarkung Asch.

Ein vergleichsweise großer Bohrer von einer "gemischt neolithischen Fundstelle" bei Asch gibt interessante Auskunft.

Ein Bohrer von 50mm Länge kommt von einer Fundstelle, die sowohl linienbandkeramische als auch jungneolithische Artefakte zeigt. Er ist aus lokal anstehendem Jurahornstein, unilateral, auch am Proximalende nach dorsal retuschiert. Die Grundform ist eine Klinge. 
Auffällig ist wie an vielen, fein retuschierten, also modifizierten Werkzeugen, dass der Bohrer auf dem Rücken noch Kortex trägt. Der lokale Hornstein besteht zum weit überwiegenden Teil aus Sekundärlagerstätten mit abgerollter Kortex. Die Rinde (Kortex) ging während der Umlagerung weitgehend verloren und ist meist sehr dünn. Offenbar störte so ein Umstand nicht weiter die Funktion und selbst an sehr feinen Pfeilspitzen ist sie oft noch partiell vorhanden. Da die Hornsteinknollen in relativ großer Form, von Faust- bis zu Kopfgröße anstehen stellt sich die Frage, warum das Rohmaterial nicht "entrindet" wurde. Hier wurde dem Umstand Rechnung getragen, dass bei vielen Rohknollen das besonders hochwertige Material das feinste Modifikationen zulässt oft direkt unter der Kortex liegt, während der Kern nach innen eine immer gröbere Struktur im schaligen Aufbau aufweist. Der nunmehr auf gefundene Bohrer ist vollständig kanten retuschiert. Drei Grate von Zurichtungsnegativen auf der Dorsalseite zeigen Glanz und ich denke, dass man hier von einer Schäftungspolitur ausgehen kann. Die geringfügigen Bewegungen, die das Artefakt in seiner (Holz-?) Schäftung ausführen konnte haben dies verursacht. Dazu passt auch, dass die Basis etwas ein gezogen ist.




Ventralseite mit geringen Gebrauchsretuschen



Sonntag, 14. April 2013

446. Post. Neue Funde 2013

Der Winter hat ein Ende und die bewuchsfreie Zeit ist diese Saison sehr kurz. Da selektiv aufgesammelt und ein gemessen wird - die nicht auf gelesenen Artefakte (- not collected) gegen 100% gehen, wird die wenige verbleibende Zeit deshalb sehr viel effektiver genutzt werden können.
Öse eines bandkeramischen Gefäßes

Großer Kratzer

Ein Kernstein

Großer Kratzer einer gemischt bandkeramisch/mittelneolithisch bis jungneolithischen Siedlung

Kleiner, feiner Bohrer mit Schulter, wie er typisch für die Linienbandkeramik ist. Vom selben Fundplatz  stammen aber auch zahlreiche jungneolithische Pfeilspitzen 

Artefakt mit schöner Lateralretusche, vielleicht eine Sichel...

Kernstein in situ

Artefakt mit Endretusche

Kernstein, wegen stecken gebliebener Klingenabschläge wohl vorzeitig verworfen.

Grober Bohrer, Bohnerzhornstein, ein Import

Bifaziell retuschierte Spitze

Montag, 1. April 2013

445. Post. Nach dem langen Winter- die erste Pfeilspitze...

Auf einer Fundstelle, die wiederholt über Pfeilspitzen eine jungneolithische Komponente zeigt, fand sich zum Saisonauftakt  die erste Pfeilspitze...
Ein teilweise flächig, bifazial retuschiertes Projektil mit konkaver Basis reiht sich hier auf einer Fundfläche ein, die sowohl früh neolithische, als auch jung neolithische Artefakte frei gibt. Offenbar ein über längere Zeiträume genutzter Platz.
Die heutige Pfeilspitze ist im Gegensatz zu ihren bisherigen Schwestern eher nachlässig gearbeitet, zeigt aber die deutlichste "Konkavbasis" bislang. Fast sieht es so aus, als wäre hier ein "Rekordversuch" beinahe schief gelaufen, denn bei der Modifizierung der Basis brach eine Retusche nach dorsal flächig in unbeabsichtigter Weise so, dass das Produkt beinahe zerbrach. die Dorsalseite zeigt dünne, abgerollte Kortex, wie der Hornstein aus dem Borgerhau, einer sekundären Lagerstätte.  




Noch denkt der Winter nicht daran zu weichen...doch die ersten Artefakte  werden frei gegeben...
Impression aus "Schwäbisch Sibirien"...manchmal die Gegend mit zwei Jahreszeiten: Entweder es ist Winter, oder es wird Winter....und wer noch keine Winterdepressionen hat: Bedenken Sie: in 12 Wochen werden die Tage schon wieder kürzer....

shalom Israel! Welcome to my blog.