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Donnerstag, 22. September 2016

626. Post.Lesefunde: Verhackstückt.

UMGEPFLUEGT... ohne den Pflug kämen viele Fundstellen nicht ans Tageslicht

und ohne die Landwirtschaft wüsste man nicht um viele Fundstellen, bei denen der umstrittene Satz greift, man könne nur schützen, was man auch kennt...



Über die Erkenntnis von Fundstellen hinaus, leisten die landwirtschaftlichen Geräte den Bodendenkmalen jedoch in vielerlei Hinsicht im Verlaufe weniger gute Dienste, wobei ich die Berechtigung aller Belange der Landwirtschaft jedoch nicht in Frage stellen möchte.
Der Pflug ist auch sicherlich nicht das entscheidende landwirtschaftliche Gerät, das die größten Schäden an Bodendenkmalen anrichtet. Sonst hätte ich ihn nicht synonym für das Erkennen von Bodendenkmalen für dieses blog gewählt. Ohne die Landwirtschaft hätte unsereins sehr viel Zeit für andere Hobbies.
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 Die Bodeneingriffe im landwirtschaftlichen Bereich sind vielfältig und manche Maschinen, wie etwa die Kreiselegge leisten hier manchmal "ganze Arbeit" Erfolgt kein systematisches Absammeln und Einmessen, bleiben die Funde als Teile des Bodendenkmals bis hin zum vollständigen Verlust in ihren Aussagen nur noch vage
Jungneolithische Sichelfragmente von einem Siedlungshügel bei Sonderbuch. Nachdem hier jahrzehntelang auf kleinen Parzellen in anderer Pflugrichtung kleine Traktoren eingesetzt waren, schafft heute ein großer Traktor mit entsprechendem Gerät im Großeinsatz in gedrehter Pflugrichtung  über alle tradierten Pazellengrenzen hinweg schnellere und tiefgreifendere Tatsachen. Eine Entwicklung, die sich nicht aufhalten lässt. Liegt das Artefakt unbeschädigt im Keller, war der Sammler jeder Form von Gott sei Dank schneller...
Man kennt die Bodendenkmale - und kann sie doch oder gerade deshalb nicht mehr umfassend schützen. Es ist auch kaum etwas dagegen zu tun, wenn man auf dem Acker wie vergangenen Sonntag einen "Spaziergänger" trifft, der am Sonntagmorgen mit dem Rücksack quer über die neolithische Siedlung streift und angibt, er suche nichts. Er wisse, dass hier ein Denkmal sei und man das schützen müsse, er wohne ja im Dorf nebenan. Auch die Flurbezeichnung war ihm bekannt. Im großen Rucksack hat man dann wohl ein Vesper...Nichtstun fern der Heimat kann so anstrengend sein und verlangt Stärkung. Sicher ist der Typus Bandkeramische Siedlung bekannt, oder auch der der stichbandkeramischen, aber nicht unbedingt auf der Blaubeurer Alb, und es wird nicht möglich sein, alle Siedlungen für alle Ewigkeiten zu erhalten. Da es sich in diesem Bereich um lange Siedlungstätigkeit handelt - paläolithische, bandkeramische, mittelneolithische, jungneolithische und bronzezeitliche ebenso wie Schlagplätze und Lagerstätten ohne Siedlungstätigkeit, liegt hier wohl ein umfassend schützenswerter "Typus" von Fundstelle bei dem es sicherlich ganz besonders fatal wäre, wenn Fundstücke verschleppt würden. Hier bedienen sich Sammler - bekannte und wie im vorliegenden Fall unbekannte, die ihre Funde nicht melden und für sich behalten - seit den 1950er Jahren und hinterlassen wie die Kreiselegge nur Fragmente auf einem "Ensemble von Bodendenkmalen,", auf einer Fläche sehr dynamischer Siedlungstätigkeit und Spuren von Ereignissen, deren Typen noch lange nicht geklärt sind. Schützen lässt sich Bekanntes wohl leider auch nicht mit meinem Moralin. Am besten ist, es wächst wieder Gras über die Sache. Gut gemeinte Aufklärung kommt da lange zu spät, wenn der schleichend nagende Schaden bereits eingetreten ist. Denkmallisten sind wohl all zu oft nichts anderes als "Schatzkarten". Auch die Intention hier im blog zu vermitteln, ist nicht mehr als eine Intention und sozusagen "gut gemeint", was nach Tucholsky auch als Gegenteil von gut in Erscheinung treten kann.  

Was wissen wir von unserer Geschichte?---
:...Der junge Alexander eroberte Indien.
Er allein?
Cäsar schlug die Gallier.
Hatte er nicht wenigstens einen Koch bei sich?
Philipp von Spanien weinte, als seine Flotte
Untergegangen war. Weinte sonst niemand?
Friedrich der Zweite siegte im Siebenjährigen Krieg. Wer
Siegte außer ihm?..." (Brecht)


Tun wir nicht so, als wüssten wir schon alles, was unsere Geschichtsbücher seit hundert Jahren herunter beten...ohne Erhalt der primären Quellen bringen wir uns um unsere Wurzeln und zerstören das umfasssende Wissen um die ganze Wahrheit. Und eine halbe Wahrheit ist nach Waggerl nie die Hälfte einer ganzen.


Absammlung gegen den schleichenden und endgültigen Verlust JA- im gesetzlichen Rahmen allerdings unter Einhaltung wissenschaftlicher Standards - Handel/  anonymes Verschleppen mit persönlicher Bereichrerung NEIN. Anmerkung, Edit.: 

Die DGUF schreibt zu Aufsammlungen/ Handel mit Antiken dazu im aktuellen Newsletter:



Komplizierte Lage bei Funden u. a. aus Deutschland
Aus Deutschland und einigen anderen europäischen Ländern gibt es immer wieder auch
Objekte, die nicht aus offiziellen wissenschaftlichen Grabungen stammen, aber dennoch legal
zutage gefördert wurden. Hier wird die Sache etwas komplizierter: Als legal ausgegraben
gelten Funde dann, wenn eine Person eine Ausgrabung oder eine sog. Aufsammlung mit
Bewilligung des Grundeigentümers und mit einer Erlaubnis der örtlich zuständigen
Denkmalschutzbehörde ("Nachforschungsgenehmigung") durchgeführt und 
die Funde ‒ so verlangen es die meisten Gesetze ‒ der zuständigen Fachbehörde gemeldet hat. In den
meisten Bundesländern gilt ein sog. Schatzregal. Das ist eine gesetzliche Regelung, die besagt,
dass herrenlose Schätze, die bis zur Auffindung verborgen waren, automatisch in das Eigentumdes Staates übergehen.
Sie können also nicht legal in den Handel gelangen. Wenn aber die Objekte nicht als "von besonderem wissenschaftlichen Wert" eingestuft wurden und der Staat
auf sein Eigentumsrecht verzichtet, ist der Finder auch rechtmäßiger Eigentümer und darf die
Funde auch legal verkaufen. Schatzregalien gibt es in allen Bundesländern außer in Bayern. 
In Bayern gilt bei herrenlosen Funden die "Hadrianische Teilung". Sie besagt, dass solche Funde
zur Hälfte in das Eigentum des Finders und zur anderen Hälfte in das des

Grundstückseigentümers übergehen. Beide dürfen ihre Funde wiederum legal verkaufen.

Samstag, 17. September 2016

625. Post.Weiterer Lesefund zum Thema: Bifacielles aus Sonderbuch

Zu einem in der Nähe des neuen Fundortes gefundenen und schon vorgestellten "Glisbeil", das wohl in das Jungneolithikum datieren dürfte,

gesellt sich ein weiteres Stück, mit ähnlicher Morphologie...

Das beidsetig, flächenretuschierte Werkzeug zeigt unilateral eindeutig eine überprägende Formgebungsretusche. Die Grundform ist unklar. Entweder handelt es sich um einen dicken Abschlag, oder es ist ein bifaziales Kerngerät.

Die Funktion ist ebenfalls unklar. Ähnliche Geräte wurden oft als (bifacielle) Schaber bezeichnet, auch wenn sie aus eindeutig jungneolithischem Kontext stammen. Der Zeithorizont ist hier jedoch unklar.   






Eine Lateralretusche wirkt schuppig und zeigt, dass es sich hier
eventuell dorch um die Ventralfläche einer Abschlagsgrundform handelt.



durch Gebrauch verrundete Kante

...Glisbeil & Co von einem über lange Zeiträume belegten Siedlungshügel bei Sonderbuch, der überwiegend Artefakte der Linienbandkeramik, aber auch paläolithische, sowie mittel- und jungneolithische Artefakte zeitigte. Dazu gibt es einige getemperte Silices, Stücke die einer Hitzebehandlung unterzogen wurden, wie sie im hiesigen Frühmesolithikum vorkommt und ebenfalls sehr kleine Kerne. Damit zeigt dieser Platz alle steinzeitlichen Zeithorizonte und die zeitliche Einordnung der von der Oberfläche geborgenen Artefakte kann sich dementsprechend schwierig gestalten. Eine vergleichbar spannendere Freilandfundstelle ist mir  auf der Blaubeurer Alb nicht bekannt,zumal es wohl auch noch eine bronzezeitliche Komponente in Form von Grabhügeln gegeben haben muss, die inzwischen alle abgepflügt wuden. Zudem hat sich durch Zusammenlegung von Fluren mittlerweile die bisherige Pflugrichtung geändert und die urspüngliche Fundeinteilung auf vier Parzellen/Flurstücke  ist hinfällig und alte Absammlungen müssen mit den alten Karten verortet werden. Durch das heutige Aufnahmesystem mittels GPS ist dies zwar unerheblich, aber zeigt, welche Halbwertszeit die ohnehin reduzierte Genauigkeit einer Fundmeldung die sich auf Angabe des Flurstückes beschränkt, haben kann...Mehr als die Angaben von Flurstücksnummern, notfalls deren Teilbereiche sahen die alten Fundmeldungen nicht vor. Einmessungen erfolgten meinerseits durch Einsicht ohne Vorgaben der Denkmalpflege und sollten heutigentags Standard sein. Ausreichende Daten liefert heute jedes mobile Telefon für die es auch schon lange passende Apps gibt.

Erster und zweiter Eindruck eines Laien können jedoch die wissenschaftliche Analyse nicht ersetzen und ergibt oft neue Aspekte und völlig andere Ergebnisse. Gut, dass jetzt größere Teile der Sammlung in wissenschaftliche Arbeiten einfließen können.

Wie archaische Werkzeuge wirken auch die zahlreichen diskoiden Kerne von diesem Flurstück:

Symmetrie am Kern...oder doch ein Kerngerät? Kerne wie dieser
kantenretuschierte, diskoide Kern führten dazu, dass diese gelegentlich als
Schaber angesrpochen werden.

Das bifacielle Werkzeug - keine Garantie für das paläolothische Novum

Freitag, 16. September 2016

624. Post. Bilder vom Tag der offenen Höhle am Geißenklösterle Blaubeuren

Alle Jahre wieder- mit altbekannten und neuen Gesichtern 2016 während eines scheinbar nicht mehr enden wollenden Sommers...



Fundbestimmung und Anlaufstelle für alle Fragen der Artefaktmorphologie, 
diesmal mit Oberflächenfunden der Blaubeurer Alb- ua.
aus der Sammlung Robert Bollow.
Mehrere Jahre ein Beitrag von Professor Müller-Beck. zum Tag der offenen
Höhle..ein altbekanntes Gesicht, das fehlt.


Ein neues Gesicht, nicht nur zu Fragen der Artefaktmorphologie:
Benjamin Schürch, Bachelor und Masterstudent der
Eberhardt Karls Universität Tübingen, der sich seit einiger Zeit
mit den Oberflächen-Sammlungen der Blaubeurer Alb beschäftigt.
Vorstandsmitglied der GfU (studentischer Vertreter des erweiterten
Vorstands)
Vorgelegt:
Aus der Sammlung Bollow (u.a.) 




Nachgefragt...
bei Hannes Wiedmann


Was Du bist, bin ich gewesen,
was ich bin, das wirst Du sein...

Ein Mitteldeutscher aus dem Mittelalter spricht
zu den Besuchern


Vorgestellt:
Ergebnisse der Aktion UMGEPFLÜGT...und ausgewertet,
irgendwo muss man ja mal anfangen...unter den Zehntausenden
von Artefakten...

Eingenebelt,
beim Stockbrotbacken

Abgeschabt,
Wie ein Speer entsteht...
einer der beiden Künstler am Silex
"Gefaked"
Zu schön um wahr zu sein...
Marek Thomanek bringt perfekte Werkzeuge unter die
heutigen Jäger und Sammler, die einmal durch ihre Perfektion,
zum anderen durch zahlreiche Varietäten des Rohmaterials beeindrucken.

Abgefeuert


Eingehakt und
Weggeschleudert

Eingehakt:
Ende einer Speerschleuder
Experimentelle Archäologie

Experimentelle Archäologie

Nachgebaut:
Vorschlag zur Verwendung mittelpaläolithischer Spitzen.
Experimentelle Archäologie

Schöningen lässt grüßen:
Experimentelle Archäologie


Perfekt erklärt...

Nachgekocht:
 Der Klebstoff der Steinzeit/ Birkenteer

Wer traut sich?

Selbstverständlich ist auch an solchen Tagen immer noch Zeit nach zu schauen, was auf der Alb herausgepflügt wurde:

Hochglänzender und eventuell getemperter Klingenkern
aus dem Bereich mit paläolithischen Funden und einem neolithischen
Schwerpunkt

der Kern hat eine fazettierte Schlagfläche

Abschlaggerät- mit Retusche nach ventral am Proximalende.
Hier wurde der Bulbus weg genommen, um eine gerade
(Arbeits-?)Kante zu erzielen.


Auch die letzten Jäger des Neolithikums sandten morgens einen Gruß
zum Tag der offenen Höhle...
(Stichbandkeramische Siedlung, mittleres Neolithikum, Sonderbuch)