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Samstag, 30. April 2011





248. Post. Spielerischer Faustkeilvergleich...

Der Sonderbucher Faustkeil im Vergleich mit einem von Bernard Ginelli in Frankreich (Les Eyzies) im letzten Jahrhundert geschlagenen Faustkeil. So eine idealisierte Form und Ausführung in allen Bereichen wird das Original sicherlich nicht gehabt haben, doch es kann eine Vorstellung davon geben, wo das Fragment im Gesamtbild ungefähr an zu siedeln ist.
Die Fortführung der Umrisslinien des Originals lassen mich davon ausgehen, dass der Sonderbucher Faustkeil ohnehin kleiner war. Bei Vielen Faustkeilen fällt auf, dass sie als solche vielleicht sogar vom Hersteller empfundenen Symmetriegesetzen zu folgen scheinen, die in ihrer "Perfektion" mit denen eines heutigen DINA4 Papier-Blattes verglichen werden können (Länge-Breite-Verhältnis)

Freitag, 29. April 2011

247. Post. Ein Faustkeil von einer mittelpaläolithischen Freilandfundstelle in Sonderbuch...







Eine (bifazial bearbeitete) Lateralkante



Rezente Bruchstellen / Die Basis fehlt. Die Bruchstelle lässt erkennen, wie tief die Patina den Flint durchdringt. Im Inneren erkennbar: graue Inclusen.













Die Spitze ist abgebrochen...





















































Querschnitt

























Die Fundsituation/ in situ/ Die Koordinaten wurden mittels GPS eingemessen.




247. Post. Faustkeil von der mittelpaläolithischen Freilandfundstelle in Sonderbuch-Wippingen. Ein "biface"


(Die Fundstelle hält sich nicht an die heutigen Gemarkungsgrenzen. Der heute vorgestellte Fund stammt vom Rande der Gemarkung Sonderbuch- SOND.019. )



Am 29.04.2011 ist es nunmehr mit ziemlicher Sicherheit gelungen, im Umfeld der von Prof. Müller-Beck als mittelpaläolithisch ein gestuften Artefakte das Fragment eines Faustkeilblatts zu bergen.


UMGEPFLÜGT wurde an dieser Stelle wohl schon sehr oft... und leider ist der fragmentierte Faustkeil dadurch erst in jüngster Zeit gebrochen, nachdem er mindestens seit 40 000 vor heute unbehelligt in der Erde lag.


Das Faustkeilblatt ist durch die rezent abgebrochene Spitze und der ebenfalls rezent gebrochenen Basis ein Medialbruchstück, das deutlich und stark patiniert ist. Der geborgene Rest, dessen anderen Teile sich vielleicht in den nächsten Jahren durch intensive Nachsuche noch einfinden könnten, weist alle Merkmale der mittelpaläolithischen Schlagtechnik und der damit flächigen Bearbeitung eines echten Kerngerätes und einer bifazial, formgebenden Kantenretusche auf. Das Artefakt wurde aus Jurahornstein geschlagen, durch die rezenten Brüche ist die ursprüngliche Farbe erkennbar, die durch die Sekundärlagerstätte im Verwitterungslehm entstanden ist, es sind graue Inclusen erkennbar, wie sie der Borgerhau-Hornstein aufweist. Ähnliches Material, aber fast nie mit dieser intensiven Patina begegnet auf allen Fundstellen. Die neolithischen, also wesentlich jüngeren Artefakte wirken dagegen oft wie frisch geschlagen, obwohl auch sie schon einige Zeit über das Kolluvium in den Pfluhorizont gelangten.

(Der schon bekannte "biface"/FAUSTKEIL, der aus der survey Fisher/Knipper eine Veröffentlichung erfuhr, wird von den Facharchäologen mittlerweile nicht mehr so sicher in das Mittelpaläolithikum datiert, sondern könnte nach mündlicher Mitteilung C.Knipper auch jungneolithisch sein. Die Problematik manche mittelpaläolithsichen Artefakte von sogenannten Glisbeilen zu unterscheiden wurde schon weiter unten beschrieben)

Nachtrag: Am 9.11.2011 Vorlage bei Prof. N.J.Conard, Tübingen. Datierung in das Mittelpaläolithikum und sicher von einer Fundstelle mit einer Mittelpaläolithischen Komponente.(mündl.Mitteilung)

Dienstag, 26. April 2011

246. Nur "Umgepflügt", oder geschlagen? Von der Spannung beim "Steineauflesen" ( oder schwäbisch: "Schtoiklauba")
Die Kante, unten, wirkt alternierend retuschiert
Die Dorsalseite mit der Kortex scheint einen Zielabschlag zu tragen, ein Bulbusnegativ ist jedoch nicht zu sehen.
wenig formgebend, wenn umlaufend retuschiert...näpfchenförmige Ausplatzungen auf der Fläche zeugen vom Frost. Keine der Kanten ist rezent gebrochen, alle Modifikationen, so es denn welche sind, haben Patina.

oben:
"Endretusche" an einer Frostscherbe aus dem Umfeld von drei mittelpaläolithischen Funden, oder doch nur eine Laune des Pflugs?

Das mittelpaläolithische Artefakt, ein Lesefund, rechts - im Vergleich mit einem Artefakt der Großen Grotte, eine Umzeichnung aus der Diss. von E. Wagner.
Mittelpaläolithisches Artefakt. Träger war der Neandertaler.


246. Post.Das Mittelpaläolithikum und "seine modifizierten Frostscherben..."

In Post 445 schrieb ich aus der Diss. von E. Wagner in der er die modifizierten Frostscherben der Großen Grotte beschreibt, dass der Neandertaler die auf der Albhochfläche aufgefundenen Scherben zusammen mit anderem Material mit sich nahm, teilweise modifizierte.

Das klingt einleuchtend und aus intakten Stratigrafien einer Höhle sind sie als Artefakte sicher zu identifizieren. Als Lesefunde haben es Artefakte dieser Art ungleich schwerer, bzw. sind seriös und mit Hausmitteln nicht sicher als solche an zu sprechen. Solchen echten Stücken fehlt wie den zufällig entstandenen Lesefunden im Pflughorizont der eindeutig intentionelle Charakter einer geschlagenen Grundform, zeigt keinen Bulbus oder Schlagflächenrest.

Ich werde ein Beispiel dafür geben, wie sehr "mittelpaläolithisch anmutende Stücke" den Sammler in Atem halten können.



Beispiel: ein von von Prof. Müller-Beck als mittelpaläolithisch eingestuftes Stück, im Vergleich mit einem nur wenige Meter davon entfernt auf gefundenen Stück. Beide weisen partiell Frostbrüche auf und scheinen auf den ersten Blick in ähnlicher Weise modifiziert zu sein. Welchen Anteil nun rezente Schäden, etwa durch die Bekanntschaft mit den Landmaschinen daran haben, wird bei Stücken ohne artifiziell entstandene Grundform sehr schwierig zu unterscheiden. Hier ist nach dem Sammler sicher noch der Facharchäologe gefragt! Frostbrüche und Spuren von Eisenoxid sind schlechte, erste Anzeichen für so ein Stück.

Beide Stücke bestimmt aus lokalem Hornsteinvorkommen. (Jener weißen Art, wie sie auch auf dem nahen Borgerhau zu finden ist).



Funde dieser Art halten aber die Spannung bei der Suche, vor allem im Umfeld auffälliger, seltener und besonderer Artefakte.

Beurteilungen/ Einschätzungen anhand von Fotos erlauben kein sicheres Urteil. Alle Sammler und Archäologen sind sich weitgehend einig, dass man die Artefakte in der Hand haben,- und den Kontext womöglich auch noch genau kennen muss, um mehr Klarheit zu bekommen.
245. Höhlen, Kleinhöhlen Abris und viele Fragen offen....
Abri beim Rusenschloss
Eine vermutlich namenlose Kleinhöhle nahe des Rusenschlosses...
245. Post. Höhlen, Abris und noch viele Fragen offen..
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Zahlreich sind die Felsnasen, Schwammstotzen, Überhänge /Abris, wie das bekannte Helga Abri am Hohle Fels... Viele Fundplätze wohl noch nicht entdeckt. Auch um das Rusenschloss und die große Grotte gibt es viele Felsüberhänge und kleinere Höhlen, die noch auf die Erforschung warten.


siehe auch mal:

auf youtube: kleine Höhlen um Blaubeuren"SchwäbischeAlb".
244. Post. Wanderung zur Großen Grotte bei Blaubeuren...

Von Rusenschloss aus geht der Blick auf den "Rucken" mit dem "Klötzle Blei". Dort ist eine mittelpaläolithische ( Freiland-) Fundstelle bekannt geworden. Die große Grotte unterhalb des Rusenschlosses schützte bis zur Grabung den selben Zeithorizont.

Am Fuß des Berges die Blau, darüber auf einem Felsen steht das "Rusenschloß" auf einem mächtigen Schwammstotzen des Jurakalks. Im Fels unter dem Schloss befindet sich die Große Grotte.

Die Große Grotte/ unten und oben im Vordergrund die "obere Etage" wo ein Schädelbecher aus einer Kalotte eines Rentierschädels geborgen wurde.Die Form des Bechers ist aus der vollen Kalotte herausgebrochen oder herausgeschlagen. Schnittspuren sind nicht zuerkennen. Die Bruchkanten sind verrundet. Die Seitenwände des Bechers sind ungleich hoch, so daß sich ein nur geringes Fassungsvermögen ergibt (E. Wagner)

Die Tierknochen aus der Großen Grotte erlauben eine Rekonstruktion der Umwelt des Menschen. Die Tierwelt ist belegt durch Knochen von Großsäugern aus dem älteren Teil der letzten Eiszeit: Hyäne, Höhlenbär, Rothirsch, Steinbock, Bison, Wildpferd, Mammut und Fellnashorn - Tiere, die zumeist als Jagdbeute vom Menschen in die Höhle gebracht wurden. Diese Tierarten lassen auf eine baumlose Steppe auf den Hochflächen schließen, dort, wo auch Freiland- bzw. Jagdstationen zu finden sein müssen und sich vereinzelt Artefakte der Neandertaler einfinden, während in den Tälern eher subarktischer Waldbewuchs herrschte.



Die Werkzeuge der Neandertaler, darunter ein typischer Miqoqien-Faustkeil,, unretuschierte, breitdreieckige und schmale, langgezogene Levallois-Spitzen, Faustkeilschaber mit Rücken, eine Reihe einfacher Schaberformen, wie Bogen- Hohl,- Winkel-, Gerad- und Breitschaber fanden sich hier. Levallois-Formen fehlen zwar nicht ganz, spielen aber kaum eine Rolle. (Felsboden)



In Schicht II, mit 450 Geräten und etwa eben so vielen Abfallstücken lag der größte Materialanteil. Die Formenzusammensetzung zeichnet sich durch durch typische Spitzbogenschaber, keilmesserähnliche Schaber und Blattspitzen aus. Hier wurde auch die geschliffene Knochenspitze gefunden. Solche Funde sind für das Mittelpaläolithikum selten. Die Werkzeuge sind aus dem lokal anstehenden Hornstein gefertigt. Zusammen mit Kernen von der Hochfläche wurden auch Frostscherben aufgenommen und zu Werkzeugen verarbeitet. Damit sind etwa 20% von Werkzeugformen des Gesamtinventars nicht artifizieller Herkunft. Solche Frostaufbrüche finden sich auch heute noch häufig an der Oberfläche der Albüberdeckung. Sie wurden also mit intakten und angebrochenen Knollen aufgesammelt. Frostbruchflächen sind bei genauer Untersuchung des Materials gut zu erkennen. Sie unterscheiden sich von artifiziellen Schlagbahnen meist eindeutig dadurch, dass ihnen typische Abschlagsmerkmale wie Bulbus, konzentrische Wellenringe (Wallnerlinien) oder radialstrahlige Struktur in jedem Fall fehlen. Bevorzugt wurden flache Gesteinsscherben.

Der weitaus größte Teil der Artefaktformen sind der Entstehungstechnik nach Breitabschläge. Die hierbei zur Anwendung gekommene Technik ist die einfachste Form der artifiziellen Gewinnung von Steinwerkzeugen. Ihre Anwendung setzt keine besonderen verfahrenstechnischen Hilfsmittel voraus, wie etwa diejenige der Schmalklingentechnik oder der Levallois-Technik, Ausgangsformen sind immer Rohknollen aus Silexmaterial ( Hornstein) von denen mit Hausteinen scheibenförmige Abschläge abgetragen wurden. (E.Wagner) Eine auffällige Vielzahl solcher scheibenförmigen groben Abschläge lässt sich in der Nähe von Wippingen in großer Zahl an der Oberfläche finden. Von dort sind auch vereinzelte mittelpaläolithische Werkzeuge bekannt. Meiner Meinung nach liegt dort ein geringes, natürliches Vorkommen von Hornsteinen vor.





Zur Forschung:

Aus Gründen des Landschaftsschutzes konnte der Höhlenschutt nicht als Abraumhalde vor der Höhle abgelagert werden, sondern musste mit erheblicher Raumnot verbunden während der Grabung in schachbrettartigen Kleingrabenfeldern umgeschichtet werden. Der Schutt ist deshalb an Ort und Stelle verblieben und vereinzelt wäscht der tief in die Höhle dringende Regen kleine Knochenteile frei. An anderer Stelle lehrt uns das erneute Graben in bereits durchsuchten Höhlensedimenten mit heutiger Technik und Akribie, dass er nicht fundfrei/steril sein kann. Die Grabungskampagne von Riek dauerte 4 Monate und beschäftigte durchschnittlich vier Grabungshelfer. Die Grabung- die archäologische Untersuchung- bedeutet nur all zu oft die finale Zerstörung des Denkmals. Die Denkmalpflege und das teilweise belassen intakter Schichten... hat inzwischen höchste Priorität, das Nachgraben wurde fast eine " neue Wissenschaft." / siehe Nachgrabungen im Lonetal oder im Neandertal.




244. Post. Wanderung zur Großen Grotte bei Blaubeuren...
In der Umgebung von Blaubeuren sind viele Höhlen mit Siedlungsspuren des urgeschichtlichen Menschen bekannt geworden. Seit über 100 Jahren werden diese Höhlen erforscht, so dass das Blautal heute das Gebiet Süddeutschlands ist, in dem die Lebensverhältnisse des Menschen während der älteren Steinzeit und seine natürliche Umwelt am besten bekannt und dokumentiert sind ( Eberhard Wagner 1983)

Die große Grotte unter dem Rusenschloß bei Blaubeuren wurde zwischen 1960 und 1964 durch Prof.G.Riek, Urgeschichtliches Institut der Universität Tübingen, aus gegraben. Der archäologische Befund ergab elf gut trennbare mittelpaläolithische Schichten, die in die erste Hälfte der letzten Eiszeit zu datieren sind, d.h. ungefähr in die Spanne zwischen 70000 und 40000 Jahre vor heute. Die Große Grotte hat mit einer Sedimentmächtigkeit von durchschnittlich zwei Metern die bis heute am besten gegliederte und gesicherte Abfolge des Mittelpaläolithikums in einer Höhle der Schwäbischen Alb erbracht. Das Fundmaterial umfaßt etwa 2000 Steingeräte und Abschläge und gehört - kulturgeschichtlich- dem Miqoqien und einem etwas jüngeren Mittelpaläolithikum an. Als Besonderheit dieser Fundstelle sind Blattspitzen und eine geschliffene Knochenspitze zu nennen. (E.Wagner)


Die große Grotte erreichen Sie: Blaubeuren, Richtung Gerhausen. Erste Möglichkeit links abbiegen bis zum Parkplatz beim Sportplatz. Zu Fuß gehen sie nur wenige hundert Meter wieder Richtung Blaubeuren und überqueren die Blau über die Fußgängerbrücke (rechts) Nach wieder wenigen Metern biegen Sie links auf den Tugendpfad, den man ja nie verlassen sollte, doch wenn Sie weitere 3oom nach links gehend die Höhle sehen möchten, biegen Sie jetzt einen ausgeschilderten Weg den Hang nach oben. Beachten Sie das Betretungsverbot in den Sommermonaten, während der Brutzeiten dort lebender Vögel!