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Freitag, 9. Mai 2014

507. Post. Aus mittelneolithischem Kontext ( Stichbandkeramik und Oberlauterbach) kommen...

151 Bohrer von einer einzigen Siedlung...

Neufunde wurden und werden nachträglich ergänzend an gehängt.
Foto 1 - 52 Bohrer, meist geschultert, und Bohrerspitzen (Dorne)

Foto2, Bohrer 53 bis 82 
Foto 3, Bohrer 83-89 aus 2014

Sonderbuch "Grund" ist die erste, 2006 durch Grabungsbefunde belegte, mittelneolithische Siedlung auf der südöstlichen schwäbischen Alb. Das Grabungsinventar( gesamt 7300 Artefakte) , das überwiegend aus unmodifizierten Abschlägen besteht ( 5012) sowie 1193 Klingen, spiegelt auch, dass das Vorkommen von Bohrern hier sehr hoch ist.  Unter 107 modifizierten Artefakten, das sind 1,5 % des Gesamtinventars, sind allein 62 Bohrer. Aus den Absammlungen von Herrn Helmut Mollenkopf, Treffensbuch,  wurden ca. 6800 Artefakte in die Auswertungen ein bezogen. Einzelfundeinmessungen fanden zu diesem Zeitpunkt nicht statt. Die Grabungsmannschaft hat zusätzlich 3800 Oberflächenfunde in der Fläche per Hand-GPS eingemessen. Meine Sammlung weist momentan 151 Bohrer auf, wobei der Inhalt zahlreicher Fundtüten noch keiner näheren Begutachtung und Reinigung unterzogen wurde. (Gesamtanzahl Bohrer,  213 bisher erfasst) Die Keramik konnte der mittelneolithischen Zeit der Stichbandkeramik zugeordnet werden. Ebenfalls wurden hier Scherben der zeitgleichen Oberlauterbach-Gruppe gefunden. Die Sonderbucher Sammlung fand keinen Eingang in die Auswertungen. Es handelt sich bei allen Bohrern fast ausschließlich um Klingenbohrer.

Nachtrag: ( 21.05.2014)
Foto 4. Bohrer  90 bis 99 aus 2014
Bevorzugtes Siedelgebiet des Mittelneolithikums waren neben Flussläufen auch höher gelegene Orte oberhalb von Flusstälern, wie es in Sonderbuch der Fall ist. Das gilt sowohl für die Stichbandkeramik, wie auch die mit ihr verwandte Oberlauterbacher-Gruppe. Die letztgenannte war vor allem in Niederbayern, der südlichen Oberpfalz und im bayrisch Schwaben verbreitet. Diese war lange ein Stiefkind der Archäologie. Bei beiden Kulturträgern handelt es sich nicht um Einwanderer, sondern sie stammen von den voran gegangenen Linienbandkeramikern ab. Wie sie wohnten sie in 30m langen, deshalb Langhäusern. Entsprechend groß sind die Fundflächen aus den Aktivitätszonen im Kontext auch nur eines Hauses. Die Siedlung Grund ist wohl eine stichbandkeramische Siedlung. Als Studentenweisheit gilt, dass nicht überall wo Meißner Porzellan gefunden wird auch Sachsen wohnen. Es wurde öfter auf die hohe Rate des gemeinsamen Vorkommens von Stichbandkeramik und Oberlauterbach hingewiesen (bsp. Bayerlein 1985) Man geht überwiegend davon aus, dass es sich um zwei verschiedene Kulturgruppen handelt, das gleichzeitige Vorkommen aber am ehesten auf Austausch beruht. Wenn hier zeitgleiche, aber kulturell zu trennende Siedlungen nicht in räumlicher Nähe zueinander standen, könnte die Oberlauterbacher Keramik ein Import aus dem niederbayrischen Kerngebiet sein. Die Stichbandkeramik und die Oberlauterbach Gruppe datieren etwa 4900 bis 4500 vor Christus.

Foto 5. Bohrer 100 bis 110 aus 2014
Die Bohrer, auf Siedlung "Grund" in sehr auffällig großer Zahl gefunden, müssen eine sehr ausgeprägte Verwendung gehabt haben. Definitionsgemäß weisen Bohrer zwei retuschierte Kanten auf, die sich in einer deutlichen Spitze treffen. Die hier steilen Retuschen sind überwiegend dorsal an gebracht, können aber auch ventral oder alternierend angelegt worden sein (Vrgl. Gehlen, Steinartefakte 2012) Die Bohrerdorne vom Grund sind häufig durch eine mehr oder weniger deutliche Schulter vom übrigen, meist kurzen Teil der Kante abgesetzt. Bei einer zweiten Form führen zwei kontinuierlich retuschierte Kanten auf die Spitze zu. Abgrenzungsprobleme zu Spitzklingen sind bisher nicht erkennbar, da die Letztgenannten bisher fehlen. Sie wurden in Sonderbuch nirgends gefunden bzw, nicht erkannt.
Foto 6. Bohrer 111 bis 120 aus 2014
Wozu diese Bohrer, und warum in so auffällig großer Zahl? Die Stichbandkeramiker, wie auch die Leute der Oberlauterbach Gruppe waren wie ihre Vorfahren in erster Linie Ackerbauern und Viehzüchter. Die Jagd spielt keine wichtige Rolle. Sie Bauten Getreide, Linsen, Erbsen an und hielten Rinder, Schafe, Ziegen und Schweine. Sie tauschten mit Saatgut, Getreide und Mehl, aber auch ihren Tieren, Tongefäße, deren Verzierung den Kulturen ihren Namen gab, sowie seltenen Steinarten wie etwa den bayrischen Plattensilex. Letzterer kommt auch vereinzelt auf der Siedlung Grund vor, in Form von langschmalen Klingen, deren in der LBK einsetzende Bevorzugung sich im Mittelneolithikum fort setzt und die mit ein Grund für die systematische Ausbeutung des Plattensilex war.
Foto 7. Bohrer 121 bis 131 aus 2014
Über den Einsatz von Bohrern weiß man nicht allzu viel. Sie fanden schon im Paläolithikum Verwendung. Sie wurden zum Durchlochen sehr unterschiedlicher Materialien verwendet. Dabei ist auffällig, dass sie ungeachtet der Materialien die damit bearbeitet wurden sehr in Breite, Dicke genormt erscheinen, egal ob sie nun aus der Grundform Abschlag oder Klinge gefertigt wurden. Sie erscheinen hier im Mittelneolithikum grundsätzlich etwas kleiner als in der Linienbandkeramik. Die ebenfalls eher kleinen Bohrer der ältesten Linienbandkeramik bringt man mit der Herstellung von Steinperlen in Verbindung. Außerdem geht man in der Regel von Schäftungen aus. Die Längen der Bohrerdorne und Geräte insgesamt sind variabler als die Breiten und Dicken ( Birgit Gehlen, Steinartefakte, 2012) Das spricht wohl für den Abnutzungsgrad der Dorne.
Foto 8. Oben Bohrer 132 bis 136
unten: Halbfabrikate. Sie weisen nur eine Schulter und noch keinen fertigen Dorn auf.
ebenfalls aus diesem Jahr/ 2014
Was etwas Licht in das Dunkel der Frage nach der Verwendung/  dem Gebrauch  bringt, sind die makroskopisch untersuchten Gebrauchsspuren der Bohrer. Die Mikrogebrauchsspuren sind bislang am häufigsten an Bohrern der Linienbandkeramik untersucht worden. Jean-Paul Caspar (1984) kommt dabei auf die Verwendung durch das Bohren von Holz und Haut. Auch in den mittelneolithischen Siedlungen Südostbayerns ist eine markante Rolle dieser Geräte feststellbar. Im südmittelfränkischen Alpenvorland (Gehlen, Davis 1975, Grillo 1997) soll es Bohreranteile bei den modifizierten Geräten von bis zu 30 % geben. Doch nicht alle Bohrer waren geschäftet. Es sind generell auch Arbeitsspuren an den Kanten von Bohrern zu beobachten, sogar Lackglanz kommt vor.
Eine mögliche Verwendung von Bohrern ist die Durchbohrung von Kalksteinperlen. In Gaimersheim (Kreis Eichstätt) in Bayern wurden Perlen einer vermutlich mittelneolithischen Schmuckwerkstätte gefunden, die der Oberlauterbach Gruppe zu geschrieben wird. Oben Sammlung R.Bollow, Bilder C.Fuchs.
aus: Steinzeitwissen.de)

Nachtrag: 22.05.2014
Foto 9. Bohrer 137 bis 146 aus 2014
Nachtrag; 30.5.2014
Foto 10. Bohrer 147 bis 151 aus 2014
Nachtrag 15.6.2014
Möglicherweise derselbe Zeithorizont: Zum Verwechseln gleiche Bohrer aus einer Siedlung bei Wippingen, also schon Ulmer Alb, die sich  nicht an die modernen Grenzen halten will. Sie liegt unmittelbar auf Wippinger/Sonderbucher Grenze und dem Pingenfeld Borgerhau am nächsten. Sie kommen wohl nicht nur aus einem vergleichbaren Technokomplex und Zeithorizont, sondern scheinen auch hier häufig zu sein.

 premier visiteur de Kamerun./ beaucoup de plaisir sur mon blog!

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