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Sonntag, 10. April 2016

601. Post. Bilderbuchretusche II

Erneute, diesmal dorsoventrale (bifazielle) Retusche an Abschlag aus einem überwiegend neolithischen Kontext, der eine mittelpaläolithische Komponente aufweist.

dosal- links das intakte Ende
Die marginale Retusche, die eine feine Schneide bildet passt eigentlich nicht in den bisher angetroffenen  Typenkanon des Neolithikums. Eine Ansprache nach Typ oder Funktion wird auf nähere Analysen warten müssen. Nomenklatorisch/ Artefaktmorphologisch ist wohl von einem "Messer" oder einem "blattförmigen Schaber" zu sprechen. 
ventral, der Bulbus oben, rechts scheint eine Beschädigung die Schneide
vorzeitig zu beenden, war also einmal etwas länger und endete möglicher
weise in einer Spitze.

Das Artefakt gehört zu einer Siedlungsfläche, die sich am Rande der Gemarkungen Sonderbuch und Wippingen befindet. Alle Artefakte die hier im Laufe der letzten 15 Jahre abgesammelt wurden, werden wohl nach und nach im Rahmen einer Masterarbeit einer näheren Begutachtung unterzogen.
unten vemutlich fehlendes Ende/ fehlende Spitze.



Geräte wie diese sind, auch wenn sie aus dem neolithischen Kontext kommen und wie viele etwas anachronistisch wirken, bei der Abgrenzung von Paläolithikum und Neolithikum von besonderem Interesse. Ein Beispiel dafür, dass so auch den sonst im Interesse nachrangigen neolithischen Artefakten auf der Blaubeurer Alb Aufmerksamkeit zuteil wird. Ohne grundlegende Kenntnisse der neolithischen Kultur, lassen sich die Spuren der paläolithischen Welt ( Einzelartefakte von den Oberflächen)  nicht ausreichend eingrenzen. So wird der dominanten neolithischen Hinterlassenschaften zwar kein Fokus zuteil, doch kann so von der Wissenschaft wenigstens nicht ignoriert werden. Wie sehr die Jungsteinzeit gegenüber den paläolithischen Kulturspuren hinterherhinkt, zeigt das Blaubeurer Schwerpunktmuseum. Das Neolithikum ist keine Kulturstufe, die hier dokumentiert wird, obwohl es das Ende der Steinzeit und den deutlichen Umbruch in die Jetztzeit markiert.  Die Leistungen der neolithischen Bauern tritt so in den Hintergrund, obwohl die damals entstandenen Strukturen  für unsere  heutigen gesellschaftlichen Strukturen von grundlegender Bedeutung sind.
Heute lebt der Mensch im 40.Stock und lässt seine Lebensmittel einfliegen, die Grundlagen seiner Existenz entstehen nicht mehr direkt unter seinen Händen auf der Erdscholle und wir entfernen uns immer weiter von unseren Wurzeln.

Sprechen wir von KultURsrpüngen, ist sicherlich der Sprung vom Jäger und Sammler zum sesshaften Ackerbauern mindestens so bedeutsam, wie die ersten Kulturleistungen des eingewanderten, modernen Menschen. Die Zeugnisse liegen - der endgültigen Zerstörung ausgesetz -direkt vor unserer Haustür. Solange das so ist, muss es auch einsame Mahner in der Wüste geben, die das Bewusstsein dafür wach halten. 

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