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Montag, 16. November 2015

564. Post. 2015- Das archäologische Jahr in Sonderbuch...

...war auch und vor allem das Jahr des "hohen Besuchs"...

...und teilweise waren die Besuche mit wichtigen Ereignissen verbunden. Allen Besuchen voran ist zu nennen der Besuch von -Prof. Dr. Harald Floss... (u.a. Herausgeber von Steinartefakte, vom Altpaläolithikum bis in die Neuzeit, Tübingen 2012, Floss ist  "Prähistoriker an der Eberhard Karls Universität Tübingen. Zu seinen Spezialgebieten zählen paläolithische Steinartefakte, die Rohstoffversorgung in der Steinzeit, die Entwicklung menschlicher Technologie sowie die Eiszeitkunst" - aus dem Klappentext von "Steinartefakte")

Doch zunächst der Reihe nach.
Zu Beginn des Jahres besuchte mich der durch die Umstrukturierung der Denkmalpflege scheidende Referatsleiter in Tübingen. - Dr. Friedrich Klein.  Er konnte sich ein Bild vom derzeitigen Stand der Sammlung machen. Wie in verschiedenen Posts in der Vergangenheit schon ausgeführt, hat sich in der Vorgehensweise zur Aufnahme von Oberflächenfunden Einiges geändert, was vor Allem dazu führt, dass Funde jetzt und in Zukunft nicht mehr größere Fundmassen zeitigen. Die Einzelfundeinmessung macht es möglich, auch einzelne Funde auf zu nehmen, also zu selektieren, ohne den Gesamtzusammenhang zu zerstören. Ein Argument pro Absammlungen ist es, dass die Objekte im Pflughorizont der endgültigen Zerstörung aus gesetzt sind, wie eine Blattspitze (-damit ein recht sicherer Beleg für die Anwesenheit des Neanderthalers) eindrücklich zeigt. Sie erscheint nach tausenden von Jahren sicherer Erdlagerung durch den Pflug oder eine andere Landmaschine frisch beschädigt.
Grund des Besuchs war jedoch eigentlich, mich von der Entscheidung zu benachrichtigen, zukünftig "im Auftrag des Landes durch die Fluren zu streifen."
Der Briefträger überbrachte den Ausweis des Landesamtes für Denkmalpflege für die Ehrenamtliche Beauftragung ( Blaubeuren, Blaustein und Teilorte) kurze Zeit später.
Fragment einer Blattspitze aus Sonderbuch
Der Schaden ist rezent (ausgepflügt...)

Der Besuch von Professor Dr. Harald Floss erfolgte nach verschiedenen Email- Kontakten bereits im Dezember 2014 - im Hinblick auf eine Bachelorarbeit von Benjamin Schürch. Damit münden auch Sinn und Zweck des blogs als Bemühung von Aufmerksamkeit für die Oberflächenfunde in einer breiteren Öffentlichkeit und deren Einbeziehung in wissenschaftliche Beachtung und Auswertung. Der Rückgang der Posts steht in diesem Zusammenhang, da der wesentliche Sinn damit erfüllt ist. Die Aufmerksamkeit der Wissenschaft und ausgebildeten Archäologen ist geweckt und zumindest die -vermutlich- paläolithischen Funde fließen nunmehr in wissenschaftliche Arbeiten ein. Einige Oberflächenfunde, die bereits früher schon einmal freundlicher weise von Prof Müller Beck und Prof. Conard einer ersten, oberflächlichen Einschätzung und nun genaueren Untersuchungen unterzogen werden konnten und einige weitere finden nun Beachtung  im Rahmen der Bachelorarbeit von Schürch mit dem Titel:

Paläolithische Oberflächenfunde der Blaubeurer Alb.


Die Arbeit Schürchs befasst sich mit Funden aus mehreren Jahrzehnten aus den Sammlungen H. Mollenkopf, M.Ulmer, P. Blankenstein, U.Linse, aus der survey Fisher,Harris, Knipper et.al. und R.Bollow aus den Fundstellen von Wippingen, Sonderbuch, Asch, Bermaringen und Berghülen. Vorgestellt werden unter anderen ca. 30 vermutlich paläolithische Artefakte. In den Mitteilungen der Gesellschaft für Urgeschichte- GfU- soll im nächsten Jahr ein Artikel darüber erscheinen. Aus diesem und anderen Gründen soll an dieser Stelle nicht näher darauf ein gegangen werden.
Benjamin Schürch wird seine Arbeit auf der Blaubeurer Alb im weiteren Studiengang voraussichtlich fort setzen und ein neuerlicher, weiterer Besuch und Konsultation der Sonderbucher Sammlung ist erfolgt, weitere sind in Planung. Es steht für mich völlig außer Zweifel, dass sich in den bisherigen Absammlungen in meiner Sammlung weitere, paläolithische Artefakte verstecken bzw. befinden. Aus den Sammlungen Asch Brennerhäule/Mairinger, sowie Wippingen/Höfermahd und Müllerfeld vor allem, aber auch von Sonderbuch Grund sind aus anderen/älteren Sammlungen solche Artefakte identifiziert worden. Bei mehreren Zehntausend Artefakten etwa von der Siedlung Sonderbuch Grund sind sie auch in der Sonderbucher Sammlung sehr wahrscheinlich vertreten aber noch nicht identifiziert. Sie von jüngeren Artefakten zweifelsfrei zu unterscheiden ist für einen Laien nicht ganz einfach und es ist einfach nur schön, dass sich hier ein äußerst konstruktives Miteinander zwischen Sammler und Wissenschaft entwickeln konnte. Von den genannten Laien-Sammlern lebt außer mir offensichtlich nur noch Herr Professor Linse.
Radiolaritartefakte aus Sonderbuch
Mehr als nur Einzelfunde..., auf  denen  der Hauptfokus keinesfalls liegen sollte. Wenn in und um die Höhlen des Aachtales die ersten Kunstwerke der Menschheit entstanden sein sollen, dann fragt man sich, wo dies außerhalb der Höhlen (noch) stattgefunden haben könnte und was zeitlich davor war und wie es dazu kam...Es geht um einen gesamten Lebensraum, den sich die ersten Menschen da erschlossen haben, um Lagerplätze und kleine Jagdstationen und sonstige Aktivitätszonen, von denen die Höhlen sicher nur einen kleinen Teil ausmachten, jedoch die besten Erhaltungsbedingungen bieten und ohne sie wüssten wir sehr viel weniger über diese Zeit. 
Radiolaritartefakt aus Sonderbuch

Besonders erfreut war ich diesen Sommer auch über den Besuch von Prof. Lynn Fisher, Dr. Corina Knipper und Dr. Rainer Schreg - letzterer vor allem bekannt durch sein archäologisch wissenschaftliches blog ARCHAEOLOGIK. Auf die wissenschaftlichen Arbeiten in und um den Borgerhau, z.B. auch die Grabungen auf dem Sonderbucher Schlaghau und der stichbandkeramischen Siedlung Grund,  wurde hier an vielen Stellen bereits mehrfach hingewiesen. Meine besten Grüße an dieser Stelle an alle!

Last not least kam Mitte/ Ende des Jahres schließlich eine intensive Zusammenarbeit mit Dr. Doris Schmid zustande, die als neue Gebietsreferentin u.a. für den Alb-Donau- Kreis zuständig ist und zu deren Zuständigkeit für Sonderbuch und Umgebung auch mein Arbeitsfeld im Rahmen des Ehrenamtlichen Auftrages gehört. Da wir uns seit über 50 Jahren kennen, schließt sich auch wieder ein sehr privater, persönlicher Kreis. Frau Dr. Schmid obliegt auch die Zuständigkeit im Bereich Sondenprospektion. Eine erste Prospektion konnte in Bollingen auf einem überplanten Areal von mir durchgeführt werden. Die notwendigen Voraussetzungen für Einsätze der Metallsonde zur Erfassung von archäologischen Hinterlassenschaften, konnte ich bei einer letzten Schulung im April dieses Jahres erwerben. Naturgemäß können aus meiner Sicht Metallsondenprospektionen nur eine Ergänzung der herkömmlichen, klassischen  Prospektionen/ survey's darstellen und werden bei Geländeerkundungen lediglich auf überplanten Flächen eher die Ausnahme bleiben. Vor allem auch aus Rücksicht auf die Rechte an solchen Funden (Publikation) werden derlei Funde hier nicht vorgestellt. Sagen wir mal getreu dem Motto: Weiter nur UMGEPFLÜGT, nicht aufgespürt und ausgegraben.

Nach den Wissenschaftlichen Arbeiten von Fisher, Knipper, Harris, Schreg et.al. die sich vor allem mit den dominierenden neolithischen Hinterlassenschaften befassen, ist mit dem Interesse der Universität, dem Interesse von Prof. Dr. Floss und der Bachelorarbeit von B. Schürch ein entscheidender und wichtiger Schritt in der Erforschung der paläoilthischen Freilandfundstellen erfolgt, der weiter ausgebaut werden muss. Wer sich für die Funde und den Forschungsstand hier interessiert, dem sei die Mitgliedschaft in der GfU empfohlen. Prof. Floss und Schürch werden den Stand der Dinge im nächsten Jahr in deren Mitteilungen in einem Aufsatz vorstellen.  Mitglieder erhalten "die Mitteilungen" automatisch und kostenlos. Auch aus diesem Grunde soll hier den Ergebnissen nicht vor gegriffen werden. Wenn die Mitteilungen online verfügbar sind, wird hier ein entsprechender link gesetzt.

mgfuopenaccess.org

(http://www.geo.uni-tuebingen.de/en/work-groups/prehistory-archaeological-sciences/early-prehistory-and-quaternary-ecology/publications/gfu-mitteilungen.html)
Flächenbearbeiteter Schaber mit Schneidenschlägen, Mittelpaläolithikum

Im Moment erleben wir auf der Alb den neunten von völlig niederschlagsfreien bis sehr niederschlagsarmen Monaten in Folge. Die Oberflächenfunde hielten sich dieses Jahr deshalb sehr in Grenzen, zumal verschiedene Baustellen und geplante Baustellen mein Zeitkontingent verbrauchten. Der ehrenamtliche Auftrag brachte es außerdem mit sich, mir sämtliche bisher bekannten archäologischen Fundstellen der Gemarkungen Blaubeuren und Blaustein vertraut zu machen, die mir natürlich bislang nicht alle bekannt waren, schon allein deshalb, weil nicht alle Fundstellen in die Denkmalliste eingetragen sind.  Und: Die wichtigsten Entdeckungen finden derzeit in den Magazinen und bei Auswertungen in Tübingen statt. 



Radiolaritabschlag  mit Retusche, Sonderbuch


Radiolaritartefakte des Neandertalers waren auch
schon im Urgeschichtlichen Museum in Blaubeuren
zu sehen - aus Grabungen des letzten Jahrhunderts.
Jetzt öffnet sich die Welt des Neandertalers über die
ersten Freilandfundplätze neu.

Edit.:
http://www.geo.uni-tuebingen.de/fileadmin/website/arbeitsbereich/ufg/urgeschichte_quartaeroekologie/medien/MGFU%20Webversion/07_Floss%20und%20Sch%C3%BCrch.pdf


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