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Mittwoch, 10. Dezember 2014

530.Post. Hitzeauswirkungen am Hornstein

Spricht man von Hornsteinvarietäten, ist damit synonym oft auch eine farblich unterschiedliche Erscheinung gemeint. Den farblichen Unterschieden von Hornstein können jedoch die unterschiedlichsten Ursachen zugrunde liegen. Für sichere Ansprachen sind deshalb weitergehende Analysen notwendig.

Die erste "Farbgebung" erfolgte schon während der Sedimentation, der Ablagerung von Sedimenten auf dem Meeresgrund.  Die "Pigmentierung" ist also ein Ergebnis des Entstehungsprozesses.
Hornsteinvarietäten von einer Siedlung bei Wippingen.

Großes Farbspektrum, doch  ist die "Farbe" auch  ein Indikator für die Provenienz?
Allein die sekundäre Lagerstätte des Borgerhau zeigt ein großes Variantenreichtum.
Bis vor Kurzem galt die sichere Zuweisung zu einer bestimmten Lagerstätte
bei Hornstein noch als völlig unmöglich. Neue Methoden entschlüssen derzeit den "Geheimcode"
Die meisten Hornsteine der Siedlungen der Blaubeurer Alb kommen jedoch aus sekundären Lagerstätten. Sie sind aus dem Muttergestein gelöst und wurden durch geologische Prozesse im Verlaufe der Jahrtausende verlagert. Herausgelöster (und verlagerter) Hornstein war für die Menschen der Steinzeit leichter zu erschließen, als der aus primären Lagern. Teilweise dürfte er an die Oberflächen gelangt und dürfte somit oft auch leichter gefunden worden sein. Mächtige Lagerstätten wie die im Borgerhau erfuhren schon früh eine systematische Ausbeutung. 
Auch während der sekundären Lagerung sorgten chemische Prozesse für farbliche Veränderungen, wobei Metalle wie Eisen oder Mangan z.B. eine Rolle spielen, aber auch natürliche Säuren. Mittig-oben, ein eher selten anzutreffendes Grün. Darüberhinaus sind auch die zerlegten Hornsteine bis heute anhaltenden Verwitterungsprozessen aus gesetzt.
...ein "Traum in rosarot" - Jurahornstein von einer Siedlung bei Wippingen. Die wohl durch Eisenoxide gefärbten Zonen liegen im Zentrum der Knollen. 

Zwei mögliche (primäre)  Lagertstätten wurden bislang sicher ausgemacht. (Provenienz)  Die Flur "Halde" in Sonderbuch und "Geflinse" in Asch (Bollow 2013) An solchen Primärlagerstätten witterte der Hornstein auch aus, erfuhr aber nicht unbedingt eine größere Verlagerung, etwa im Geschiebe eines Gletschers oder durch einen Flusslauf. So ist das zwar eine Residuallagerstätte, da der Hornstein aus den Kalken gelöst ist, jedoch gewissermaßen eine primäre, da er weitestgehend
an Ort und Stelle verblieb. 


Rotfärbung und/ oder Glanz an intentionell zerlegtem Hornstein einer Siedlung bei Wippingen. Die dunkelbraun gefärbten Grate des Artefaktes im Vordergrund und oben sind "Rostspuren", die zusätzlich durch den Kontakt mit landwirtschaftlichen Eisengeräten entstanden sind. 
Besonders die Rotfärbungen des Hornsteins können auch durch Hitzeeinwirkung entstehen, unterscheiden sich aber von natürlichen Prozessen während der Sedimentation. Je nach Höhe der Temperatur und Dauer der Hitzeeinwirkung ändert sich die Farbe und wird im allgemeinen dunkler. Das Farbspektrum kann dabei höchst unterschiedlich ausfallen, was einmal von der Gesteinsart abhängt, aber vor allem von den Verunreinigungen durch Metallmineralien. Auch hier wechselt das ursprünglich helle Gestein nach rosa bis rot und violett und kann je nach Intensität und Dauer der Hitze auch nur die äußeren Schichten des Materials betreffen. 
Diese Veränderungen können auch artifiziell, gezielt absichtlich erfolgen (Tempern). Entgegen der leicht zu bearbeitenden Rohmaterialien wie etwa Kreidefeuerstein, gilt der Jurahornstein als teilweise besonders zäh. Es fehlt ihm die glasartige Sprödigkeit im Vergleich zu leicht zu bearbeitenden Materialien wie etwa Obsidian, baltischem Flint, Vertretern aus der Kreide oder etwa dem Plattenhornstein. Während glasige Silexarten durch Hitzebehandlung rissig und unbrauchbar werden, lässt sich der Hornstein durch gezielte Hitzebehandlung leichter spalten. Diese Erkenntnis führte im Verlaufe der Geschichte dazu, die Hitzebehandlung gezielt durch zu führen, ist jedoch nicht leicht von unabsichtlichen Hitzeeinwirkungen zu trennen. 
Keine expliziten Farbveränderungen, aber seidiger (Fett-) Glanz auf den Spaltflächen von einem intentionell zerlegten Hornstein einer Siedlung bei Wippingen. 
Abtrennung nach der Hitzeeinwirkung, wohl durch eine Landmaschine: auf der Spaltfläche erscheint Glanz (franz. lustre) 
Glanz ist eines der zusätzlichen, schon optisch erkennbaren Merkmale von Hitzeeinwirkung. ( siehe Jürgen Weiner in: Steinartefakte, Kerns Verlage, Hrsg. Harald Floss, 2013) als Ergebnis der Veränderung der Mikrostruktur, der grundsätzlich auf danach entstandenen Negativen auftritt, unabhängig davon, ob sie artifiziell oder natürlich bzw. durch rezente Eingriffe entstanden. Die Bruchfestigkeit des Materials scheint sich durch das gezielte Tempern zu erhöhen. Über die Hypothesen zur Veränderung der Reaktion des Gesteins auf Hitze wird in der Fachwelt noch anhaltend diskutiert, ebenso darüber, ob die Hitzebehandlung auch teilweise der gezielten Farbveränderung diente, da sie wohl auch an Gesteinen vorkommt, bei denen aufgrund ihrer guten Schlageigenschaften eine solche nicht notwendig gewesen wäre.
Das gezielte Tempern von Rohmaterial ist an verschiedenen Orten und zu unterschiedlichen Zeiten nach gewiesen worden. Die frühesten Hinweise scheinen aus dem Solutreen zu kommen. Weite Verbreitung erfuhr das Tempern bei uns im südwestdeutschen Mesolithikum und es ist eine übereinstimmende Auffassung zu erkennen, dass sich dies weitgehend auf den frühesten Abschnitt des Mesolithikums beschränkt. Nach Hahn und Kind (1991) ist es schlicht das Merkmal des württembergischen Frühmesolithikums (Beuronien, z.B. Jägerhaushöhle, wo das Inventar im Beuronien A zu  etwa 80%  getempert erscheint, im jüngeren Beuronien B aber nur noch 20%)

Auf der Blaubeurer Alb wurden immer wieder getemperte Kerne gefunden, doch wohl jeweils in neolithischem Siedlungskontext. Ein Grund dafür dürfte sein, dass aufgrund der hohen Fundkonzentrationen bevorzugt und fast ausschließlich auf diesen Flächen prospektiert wurde. Mittelsteinzeitliche Spuren der letzten Jäger und Sammler mit einem diagnostisch sicheren Technokomplex sind sehr wahrscheinlich eine Frage der Zeit und der systematischen Suche danach. Teilweise dürften sie sich in den neolithischen Inventaren verstecken.

Literatur: Steinartefakte, Hrsg.Harald Floss Seite 10, Hitzebehandlung  (Tempern) von Jürgen Weiner. /

siehe auch, Neu:
Bertsch (Diss. siehe link)
http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:21-dspace-510158


Rosaroter Hornstein, Asch, Geflinse, primäre Lagerstätte.




2 Kommentare:

  1. Wunderbare Steine! Es scheint mir naheliegend, dass ab und zu aus ästhetischen Gründen getempert wurde. Allein der Glanz ist sehr reizvoll.

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  2. Wir Lithophilen sag ich mal dürften als "befangen" gelten. Die "Beweislage" ist dünn, aber drängt sich auch mir auf.

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