Parallele zu Post 522 vom Mittwoch, 24. September 2014
Wieder ein Fund mit archaischer Erscheinung ...
der auf einem ausgedehnten Siedlungskomplex bei Wippingen eingemessen werden konnte.
Die mittelpaläolithischen und wohl auch paläolithischen Funde der mehrfach vorgestellten Fundstelle gelten als verlagert. Älterneolithische Artefakte weisen auf der Blaubeurer Alb meist keinerlei Verwitterungserscheinungen ("Patina") auf. Anders dagegen Artefakte aus älteren Zeitstellungen. So gilt auch ein gewisses Augenmerk entsprechenden Verdachts"fällen".
In diesem Areal fallen immer wieder, vor allem gegen Ende der Hochfläche im Bereich der Talkante "archaisch wirkende Artefakte" auf, die in einem Kontext einer Primären Residuallagerstätte auf der Oberfläche erscheinen und deren Streuung sich durch einfache Grobzerlegung, durch Prüfung des Materials auf seine Brauchbarkeit auszuzeichnen scheint. Den Großteil bildet eher unbrauchbares, nach kurzer Prüfung in unbekannter Zeitstellung verworfenes Material und derbes Rohmaterial, grobe Hornsteine und Kieselkalke, die keinerlei artifizielle Veränderungen aufweisen oder von Deutz & Co zerlegt wurden.
Ältere Artefakte aus Hornstein erscheinen dabei zuweilen ungewöhnlich stark verwittert, oft ledergelb in einer Weise, die sich von den gelb bis rötlich-braunen Varietäten des Bohnerzhornsteins unterscheidet, dessen farblich geprägten Erscheinungsformen seinerseits durch Eisenoxideinlagerungen während der Sekundärlagerung erworben wurden, also schon im Rohmaterial vorhanden sind. Das gilt auch für das an der Oberfläche erscheinende, oft intentionell zerlegte Rohmaterial dort, das aber wie beschrieben oft starke Beschädigungen durch landwirtschaftliche Arbeiten zeigt und so auch morphologische Einbußen und Verfälschungen hinnehmen muss. Auch Filter dieser mechanischen und durch entsprechende landwirtschaftliche Einträge chemischen Alterungsproesse müssen zur Einschätzung von Artefakten eingelegt werden.
Die sichere Unterscheidung setzte wohl jeweils einen Anschliff voraus, wenn nicht eine rezente Beschädigung die ursprüngliche Rohmaterialerscheinung während der Herstellung des Artefaktes erkennen lässt, was nicht immer der Fall ist.
Im gesamten Fundkomplex wird immer wieder deutlich, dass das Areal - durch vielerlei Faktoren begünstigt - über sehr lange Zeit ein begehrter Siedlungsplatz gewesen sein muss oder auf der Suche nach geeignetem Rohmaterial aufgesucht wurde. Möglicherweise war der Rand des Talkessels auch von jagdstrategischer Bedeutung, bevor hier erste Bauern wirtschafteten. Auch die Bronzezeit hat hier Spuren hinterlassen und das Fundaufkommen auf den Oberflächen, sowie die Stratigraphie mitgeprägt. Einzelfundeinmessungen sind unerlässlich. Vor allem die letzten Siedlungsphasen erscheinen naturgemäß auf den Oberflächen. Die starken Erdbewegungen durch kolluviale Vorgänge lassen aber auch vermuten, dass die ältesten Oberflächen nicht mehr vorhanden sind-Diese Erdbewegungen sorgen neben den landwirtschaftlichen Eingriffen dafür, dass alle Zeitstellungen auf den Oberflächen streuen. Auch die Schäden der starken Erdbewegungen der ersten neolithischen Siedler durch Haus- und Pfostengruben auf dem sporadisch begangenen paläolithischen Stratum sind zu vermuten. Da die Deckschicht zum geologisch gewachsenen Horizont sehr dünn ist, muss entsprechend sorgfältig mit dieser letzten Impression der Siedlungsentwicklung umgegangen werden und Artefakte haben in Liebhabersammlungen nichts zu suchen. Gerade hier haben sich mindestens seit den 1950er Jahren zahllose Sammler bedient und da erscheint das "Greening" (http://www.bauernverband.de/infos-zur-umsetzung-des-greening) als wahrer Segen, die winterliche Zwischensaat, die das sprichwörtliche Gras über der Sache wachsen lässt.
Heute neu:
Ventralseite, SFR unten |
Ventralseite, Sfr oben |
Dorsalseite Sfr unten |
Wie dem auch sei: Paläolithische Oberflächenfunde nehmen, selbst wenn sie morphologisch unzweifelhaft und unbestritten datierbar scheinen, keinen sehr hohen Stellenwert in der Urgeschichtlichen Forschung ein und so kann es sein, dass die schönsten und eindeutigsten Stücke nicht in Museen und Universitäten, sondern oft in Privatsammlungen zu finden sind. Schön, dass es hier jetzt eine Forschungsschwerpunkt geben soll und sich das vielleicht auch im Bewusstsein und im Interesse zukünftiger Forschertätigkeit ändern könnte.
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