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Dienstag, 29. Juni 2021

672. Post. Impressionen von der Ausgrabung Sonderbucher "Grund" 2006

 Erinnerungen an die Grabung im "Grund"... in Sonderbuch.

Die gezielten Sondagen brachten eine stichbandkeramische Siedlung ans Tageslicht. Das ist eine Siedlung der mittleren Jungsteinzeit. Die Stichbandkeramik (Fachkürzel SBK) ist eine archäologische Kultur der Jungsteinzeit in Mitteleuropa. Sie folgt auf die Kultur der Linearbandkeramik und datiert zwischen 4900 und 4500 v. Chr. Die Publikation der Grabung steht noch aus. Namengebend für diese Kultur ist die Art der Verzierung der Keramik.

Oben und unten: Vom Grundstückseigentümer eingesandte Fotos.

Ein Blick in eine Grube bei etwa einem Meter

Nicht alle Kulturschichten sind von großer Mächtigkeit. Gruben haben eine gute Chance die Zeit zu übderdauern, da sie ordentlich eintiefen, während die alten Laufhorizonte an vielen Stellen erodiert, also nicht mehr vorhanden sind.

Die Sondagen richteten sich nach einer geophysikalischen Prospektion an Anomalien im Untergrund. Die obertägtg auftretenden Lesefunde zeigen hier meist nicht die eigentliche Siedlung an, sondern stammen aus den überlagernden Kolluvien.

Eine fundreiche Siedlungsgrube, eine baubegleitende Grube, oft als Lehmentnahmegrube interpretiert oder als Zisterne am Haustrauf, die mit den Jahren mit Abfällen und eingeschwemmtem Erdreich verfüllt wurde

Die Anordnung der Schntte ermöglicht möglichst viele Profile auf kleinem Raum zu schaffen.

An vielen Stellen ist schon nach wenigen Zentimetern Schluss, die Deckschicht oder der Pflughorizont gering und der gewachsene Boden schnell erreicht. Ohne Prospektion, ohne Grabung ohne Kenntnisse über den ursprünglichen Geländeverlauf lassen sich auch keine Prognosen abgeben, wo Grabungen anzusetzen und Funde zu erwarten sind. 


Zur Untersuchung steinzeitlicher Landschaften - Die Besiedlung und Nutzung der Blaubeurer  und Ulmer Alb im Paläolithikum, Mesolithikum und Neolithikum: ( Lynn Fisher und Corina Knipper)  Zitat: Trotz der hervorragenden Forschungsstandes sind die Höhlen und Felsdächer nur ein sehr kleiner Ausschnitt der urgeschichtlichen Landschaft mit ihren Siedlungs- und Lagerplätzen, Rohstoffen und menschlichen Aktivitäten. Deshalb darf sich die Steinzeitarchäologie nicht auf die Erforschung dieser Plätze beschränken, sondern sollte versuchen, sie in einen regionalen Kontext von wechselnder Besiedlung, Gesellschaft und Wirtschaft zu stellen. In diesem Zusammenhang sind in den letzten Jahren sogenannte "Freilandfundstellen"- also Fundstellen außerhalb der Höhlen - immer stärker ins Blickfeld der archäologischen Forschung geraten. (Burkert et al. 1992, Kind 1997, Kieselbach et al 2000) ..."

Lesen Sie mehr: Mitteilungen der GfU, Gesellschaft für Urgeschichte Blaubeuren, 12 (2003) Seite 113.

Sonntag, 27. Juni 2021

671. Post. Geländebegehungen aus aktuellem Anlass wieder aufgenommen.

 Aufgrund der Überplanung von Denkmalflächen zwischen den Hessenhöfen und Sonderbuch, wurden die Geländebegehungen und Oberflächenabsammlungen wieder aufgenommen.

Im Großen und Ganzen sind mit der Entdeckung einer mittelpaläolithischen und aurignacienzeitlichen Freilandfundstelle die systematischen Begehungen eingestellt worden. Aus gegebenem Anlass wurden diese im Bereich zwischen den Hessenhöfen und der Straße zwischen Sonderbuch und Asch erneut wieder aufgenommen. Zwar geben vorhandene Lesefunde einen gewissen Hinweis auf mögliche Fundstellen bzw. frühe Siedlungsstellen und Lagerplätze der Neandertaler, aber die komplizierten Bodenbildungsprozesse erlauben allein anhand von Oberflächenfunden keine gesicherten Schlüsse.

Vor allem durch die Landwirtschaft, aber auch durch Erosionsprozesse und bodenbildende Prozesse lässt sich heute nicht mehr sagen, wie die Landschaft vor 5000 oder vor 10000 Jahren oder noch früher ausgesehen hat. So sind auch außerhalb der schon erkannten Denkmalflächen durchaus weitere, bislang unbekannte denkbar. Vielfach sind Erosionsrinnen und Senken heute mit großen Deckschichten überlagert, während alte Laufhorizonte an anderer Stelle zutage treten und so die tatsächliche Lage verzerren.

Ein 💓für die Steinzeit. Neues Artefakt auf alt bekannter Fläche: Unilateral und bifaziell retuschiertes Artefakt, Juni 2021.



Wofür es keine Belege mehr braucht, ist der Nachweis einer Siedlung, mit mindestens einer Zeitstellung. Es ist das Mittelneolithikum mit der Stichbandkeramik nachgewiesen. Die Funde beschränken sich natürlich nicht nur auf die namensgebende Keramik, sondern auch und vor allem die in diesem Zeitraum - mit großer Sicherheit aber auch davor und danach - entstandenen Steinartefakte:
Unter den Zehntausenden von bisher aufgelesenen Artefakten sind auffällig viele Bohrer.
Allein in meiner Sammlung sind davon mehrere Hundert aufgenommen worden. Aber auch die Sammlung Mollenkopf dürfte viele davon aufweisen, die aber nicht bearbeitet ist.  Wieviele davon aus der Grabung kommen, wird die noch ausstehende Publikation vielleicht noch zeigen.

Kleinstartefakte: Retuschierabfälle zeugen von intensiver Werkzeugherstellung. Die kann nur ein starker Regenguss auf der Oberfläche freiwaschen und sind bestimmt nicht das Ergebnis von Grabungen. Auch sie geben Auskunft, vor allem auch über die  Vorgehensweisen der Werkzeugherstellung. 

Nach Möglichkeit wurden die wichtigsten - inzwischen Standard - Artefakte mit Geodaten versehen, also vor Ort in der Fläche eingemessen.

Immer ein highlight unter den Oberflächenfunden: Eine Auswahl an Pfeilspitzen vom Grund.

Bohrer - wofür auch immer so viele gebraucht worden sein mögen...

Unerwartet, aber nicht ungewöhnlich: Römische Münzen vom Grund.

Von beeindruckender Ästhetik, völlig unversehrter Bohrer aus dem Pflughorizont.

Auch die kleinste, jemals von mir aufgefundene Pfeilspitze kommt vom Sonderbucher Grund.


Eindrucksvolles Beispiel von 1630 Kleinstartefakten: Retuschierabfällen und Kleinstklingen als Zeugnis intensivster Werkzeugherstellung und gleichzeitig auch ein Beleg für äußerst gute Rohmaterialversorgung. 
Vor allem das verworfene Material und das Restgewicht verworfener Kerne geben einen guten Beleg für den Stand der Rohmaterialversorgung, die durch den nahen Borgerhau mit seinen Pingen gegeben war. Man konnte es sich leisten, nicht auch noch dem widerspenstigsten, zähen Kern etwas abzutrotzen, sondern griff wohl einfach und leichter zum nächsten Rohstück. Auch außerhalb des Borgerhaus gibt es verstreut auf den 'Äckern immer wieder solche Stellen, an denen Rohmaterial vorkam und gewonnen wurde, auch unmittelbar um die Siedlung und auf den Flächen, die nun einer Neutrassierung der Kreisstraße zum Opfer fallen sollen. Vorausgehen wird einem Neubau: eine sogenannte harte Prospektion bzw. eine Flächengrabung, die wohl nur effizient dergestalt vorgenommen werden kann, dass große Flächen mit dem Bagger bis auf ungestörte Schichten abgeschoben werden, um die intakten Siedlungsstrukturen dann zu erfassen. Große Teil, je entscheidende Funde liegen aber schon längst im Kolluvium und im Pflughorizont und sind unrettbar verloren und eine Grabung könnte mehr Zerstörung als Erkenntnisgewinn bedeuten.
Auch das kenne ich so nur vom "Grund" Restkerne mit einem Gewicht von über einem Kilo. Sowohl das Gewicht zum Zeitpunkt in dem sie verworfen wurden, als auch der außerordentlich gute Erhaltungszustand sprechen dafür, dass man sich hier wohl auf die Werkzeugherstellung konzentrieren und spezialisieren hätte können und dass hier intakte Schichten vorliegen müssen. Man kann sich vorstellen, dass man die Rohstoffquellen vielleicht auch gut zu verteidigen wusste. Verteidigen wir jetzt für kommende Generationen, was von dieser frühen Industrie noch ungestört vorhanden ist!


Freitag, 25. Juni 2021

670. Post. Grabung Hessen

19.3.2018














Das mächtige Kolluvium zeigt, dass die Oberflächen seit Jahrtausenden in Bewegung sind und die Oberflächenfunde deshalb nicht die Fundstellen genau markieren. Über die Jahrtausende wurde das Gelände nivelliert.





unten 20.3.2018 Profilaufnahme

Ortsvorsteher Pfetsch, Prof. Floss, B Schürch


Pressetermin





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