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Freitag, 2. Juli 2021

673. Post. Was vom Leben bleibt...

Bilder aus einem Sammlerleben

Die Oberflächen - Lesefunde in Sonderbuch seit 2000.

Was bleibt von alten Kulturen, von jahrelangen Forschungen danach? Von den Hinterlassenschaften unserer Altvorderen, jenen, die vor uns den Feldern die Lebensgrundlagen abtrotzten? 
Ironie des Schicksals. Aus dem Erlös der Sonderbucher Ausstellung UMGEPFLÜGT mit den steinzeitlichen Lesefunden 2004 wurde aus den freiwilligen Eintrittsgeldern eine Bank zur Dorfverschönerung aufgestellt. Je nach Trassenvariante hat die Verschönerung vielleicht bald ausgedient?


Als Mitbegründer der Schelklinger Museumsgesellschaft und leidenschaftlicher Entdecker auf allen Baustellen und Feldern unterwegs, war klar, dass ich auch auf der Blaubeurer Alb meiner ehrenamtlichen Tätigkeit (- legitimiert als Ehrenamtlicher Beauftragter der Denkmalpflege inzwischen für Blaubeuren, deren Teilorte und Blaustein, bzw. die Blausteiner Teilorte auf der Alb zuständig - ) also meinen Freizeitinteressen weiterhin nachgehen würde.

Auch vor mir schon war viele Jahre Herr Helmut Mollenkopf aus Treffensbuch in gleicher Mission hier unterwegs und hat sehr solide Vorarbeit geleistet. Daran ließ sich vortrefflich anknüpfen, aber es war kein Leichtes für Herrn Mollenkopf einige seiner Lieblingsfundstellen einem neu Zugezogenen einfach so zu überlassen und letztlich war die Einsicht auch von ihm die, dass 4 Augen mehr sehen als zwei. Jetzt reichen auch 4 Augen nicht aus, die Fundstellen für kommende Generationen weiter zu erhalten. Im Folgenden eine Auswahl an Fotos der letzten 20 Jahre. 




Wo jetzt noch ein Kalksträßle verläuft - man vermutet, dass dieser Weg bereits in der Römerzeit Bestand hatte - sollen mehrere Spuren der Kreisstraße verlaufen.

Wo sich noch Fuchs und Hase gute Nacht sagen, sollen Fuchs und Hase bald den Weg nicht mehr gefahrlos überqueren können.
Bei der Ausstellungseröffnung im alten Rathaus, Vorstellung der Funde
UMGEPFLÜGT

Im Gegensatz zum Naturschutz gibt es keine archäologischen Ausgleichsflächen! Was weg ist, ist weg. Und zwar für immer. Auf dem Feld links konnten zahlreiche Artefakte aufgelesen werden, die dafür sprechen, dass sich hier eine "Pinge", eine oberirdische Abbaustelle von Jurahornstein befindet. Kerne und grobe Abschläge der Grundproduktion konnten eingemessen werden, jedoch keine modifizierten, also fertigen Werkzeuge. Diese wurden mitgenommen und in eine der nahe gelegenen Siedlungen verbracht. Theoretisch müssten dann Anpassungen, also Zusammensetzungen möglich sein.
Der Archäologe und Sachbuchautor Rudolf Pörtner hat 1961 treffend formuliert, als er schrieb: "Erst seit Haltern weiß man, das nichts so dauerhaft ist wie ein Loch und daß Erdverfärbungen im Boden der gleiche urkundliche Wert zukommt wie den Handschriften der Historiker".- Zu einem Exponat der Ausstellung 2004.

Schon 2004 wurde es mir vom damaligen Ortsvorsteher von Sonderbuch, Alfred Bohnacker und sein Ratsgremium ermöglicht, im alten Rathaus noch die ersten Funde und Fundstellen rund um Sonderbuch der Allgemeinheit vorzustellen.
Frei nach Brecht:
Ja, mach nur einen Plan!

Sei nur ein großes Licht!
Und mach dann noch’nen zweiten Plan
Gehn tun sie beide nicht...

oder doch?  

Von dieser Bank aus wäre es schön gewesen, auf 5500 Jahre Besiedlungsgeschichte, auf 5500 Jahre Landwirtschaft zu blicken, denn ungefähr so lange sind seit den ersten Ansiedlungen der ersten Bauern hier vergangen. Schöner Rentnerplan - allein er wird vielleicht nicht aufgehen. Davor jagten hier Neandertaler und der erste, moderne Mensch, dem nun die Landschaft seiner Vorfahren nicht mehr reichen will. Wenn es nach der modernen Zeit geht, dann wird hier bald der Schwerlastverkehr den neuen, modernen Takt vorgeben. Noch ist Zeit, dies zu verhindern. 


Viele Funde, lange Vorbereitungen und dann eine Ausstellung: 




























Sorgen wir dafür, dass nicht nur Funde und Bilder einer Ausstellung von 20 Jahren Feldbegehungen bleiben, sondern die primären Quellen, die Siedlungsplätze der ersten Bauern und die Lagerplätze der Neandertaler und der ersten, modernen Menschen, die hier in den Höhlen die ältesten Kunstwerke und Musikinstrumente der Menschheit hinterlassen haben. Damit von diesen Leben mehr bleibt in einer grandiosen, schönen Landschaft. Die Ackerscholle, die die Bewohner seit 5500 Jahren ernährt und nicht tonnenweise Asphalt. Geben wir keine alten Geschichten und alte Fotos weiter, sondern das Erbe selbst!

Zwar ist Straßenbau auch weiterhin möglich und darf auch sein, aber die Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit muss überwiegen, was dafür geopfert werden soll. So gerate ich persönlich, wenn ich mir die Argumente für eine Umfahrung der Steige keinesfalls in kognitive Dissonanz. Zweifel an der Sinnhaftigkeit von Feldbegehungen und Erkennen von Bodendenkmalen und einmessen im Gelände dagegen schon, wenn durch ein genehmigtes Straßenprojekt 20 Jahre archäologische Feldarbeit dem Bagger zu Opfer fallen sollen, und wenn es der Bagger der Denkmalpflege ist, denn bei solchen Großprojekten ist das das Grabungsgerät der Wahl und nicht der Dentistenhaken, der in den Albhöhlen Einsatz findet. Was der Sammler und Denkmalpfleger jahrelang eingemessen aber übersehen hat, wird bei einer sogenannten harten Prospektion nämlich bis auf ein ungestörtes Siedlungsniveau abgeschoben und die Sinnfrage aller bisherigen Arbeit ist gestellt. An vielen Stellen wird deshalb wohl auch nur ein Bruchteil dessen erfasst werden können, und Einmessungen, die uns Ehrenamtliche als sinnvoll vorgegeben sind, werden auf den überplanten Flächen und darüber hinaus nicht mehr möglich sein. 












In einem kühlen Grunde...ist es mit der Landidylle bald vorbei, wenn wir es nicht zu verhindern wissen.

5500 Jahre Ackerbau und Viehzucht. Bald sollen die Lastwagen hier rollen.