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Donnerstag, 29. Mai 2014

513. Post. Ein neues Dechselfragment von der Siedlung GRUND,Sonderbuch

Mit einem Fragment eines durchbohrten Felssteingerätes aus Amphibolit erhöht sich die Geräteklasse auf nunmehr zwei Artefakte.

Neufunde werden nachträglich an gehängt.
                                                    
So unterschiedlich kann der Hornblendschiefer ausfallen. Genau so unterschiedlich kann auch die Erhaltung sein. Das Material war sehr beliebt und praktisch konkurrenzlos. Auch mindere Qualitäten wurden verarbeitet. 
Links im Bild ein ( vermutlich Rössener, also mittelneolithischer quer durchbohrter Dechsel aus der Siedlung Erbach Ringingen.. Die beiden Fragmente rechts stammen ebenfalls aus Ringingen und kommen aus dem linienbandkeramischen Kontext. Durch die Hohlbohrung bleiben Bohrkerne zurück. Ein solcher, ebenfalls aus Ringingen,  liegt neben dem neu gefunden Fragment (also dem mittleren Stück) ) (Siedlung GRUND)
Das Fragment weist nur noch wenige Reste der ursprünglichen,
fein geschliffenen Oberfläche auf.
 Das Bodenmillieu hat für fast ganz flächige Erosion gesorgt.

Selbst die Bohrung weist nur och Reste der alten Oberfläche auf und diese zeigt
die charakteristischen Rillen die durch die Drehbewegung des Bohrers
entstanden sind.

Vermutlich ist das Stück in alter Zeit schon zerbrochen.
Ohne die charakteristische Bohrung wäre das Artefakt
wohl nicht erkannt worden.



Vergleich mit einem langen, schmalhohen Dechsel.

So könnten sie ausgesehen
haben, die beiden Felsstein
geräte vom GRUND- kann sein
muss aber nicht.


512. Post. Alle bisherigen (16) Pfeilspitzen und -fragmente

von der Stichbandkeramischen Siedlung GRUND, Sonderbuch.
16 sehr unterschiedliche Pfeilspitzen stehen bisher über 140 Bohrern aus der Oberfläche gegenüber. 
Neufunde werden laufend nachträglich an gehängt.

Die Pfeilspitzen erscheinen in höchst unterschiedlicher Ausführung und man gewinnt den Eindruck, dass sie unterschiedlichen Zeithorizonten angehören. 

Länge der rechten Pfeilspitze: 8mm, Mitte 22,5mm links 32mm
In der Vergangenheit erwiese sich die Fundfrequenz in Oberflächeninventaren oft nicht identisch mit denen aus Grabungen. Aus Lesefundinventaren gibt es so auch mehr Pfeilspitzen und Bohrer, die wohl weniger in die Gruben gelangten sondern von den alten Oberflächen kommen.
Die Rolle, die die Jagd in dieser Zeit noch spielte, kann man wohl in der Regel als eher bescheiden bezeichnen. Vielleicht sorgte man durch das Erlegen von Wildtieren für Abwechslung auf dem Speisezettel. Aus den stichbandkeramischen Siedlungsgruben von Erfurt wurden Knochenreste von Braunbären, Auerochsen, Rothirschen, Rehen und Hasen gefunden. Sehr viel zahlreicher fand man dort die Reste von domestizierten Tieren wie (überwiegend:) Rindern, sowie von Schafen, Ziegen und Schweinen.
Die Oberlauterbacher Gruppe von Künzing Unternberg scheint aber ihren Fleischbedarf weitgehend durch die Jagd auf Rothirsche gedeckt zu haben. Dort beträgt der Knochenanteil bei den gefundenen Säugetierknochen mehr als ein Viertel. Deutlich weniger finden sich dort die Reste von Rehen, Wildschweinen, Elchen, Wildpferden und Braunbären. Die Zerlegungsspuren weisen sie eindeutig als Mahlzeitabfälle aus. Insgesamt wurden auf dieser Siedlung im Kreis Deggendorf über 10 000 Tierknochen bestimmt. Das Klima in Niederbayern war zur Zeit des Atlantikums warm und niederschlagsreich. Davon zeugen Reste von Perlfischen, Döbeln und Huchen und bis zu 1 Meter langen Forellen, sowie 2,5 Meter langen Welsen.  Im Donautal lebten durch das warme Klima auch Sumpfschildkröten.
Außer für die Jagd, so wird angenommen, soll die Distanzwaffe "Pfeil und Bogen" auch zu kriegerischen Auseinandersetzungen mit Zeitgenossen ein gesetzt worden sein. Richtig gesetzt tötet ein mit einer lithischen Spitze bewehrter Pfeilschaft lautlos auf Distanz. Ein waid wund geschossenes Tier ließ sich anhand seiner Spuren im Gelände verfolgen, wozu es theoretisch nur notwendig war, die Eingeweide zu verletzen. Pfeilköpfe gingen sicher oft verloren oder mussten wegen Aufprallschäden entfernt werden, ließen sich aber relativ schnell wieder, vielleicht auch durch mitgeführtes Material ersetzen. Größeren Aufwand erforderte der Pfeilschaft, wie experimentelle Archäologie vermuten lässt und muss als "wertvollerer und gehüteterTeil" des Kompositgerätes angesehen werden, ganz zu schweigen vom Bogen. Erhaltung von den organischen Teilen der Jagdausrüstung, dem Holz, kennen wir nur aus Feuchtbodenmillieu. (Seen und Moore)
Die Radiocarbondatierungen aus der Sonderbucher Grabung Grund liegen ca. 5050 - 4650 vor Christus- (C.Knipper, L. Fisher et.al.) Auch das Inventar, nicht zuletzt die Große Menge an Artefaken der Grundproduktion , sprechen für eine lange Belegung des Siedlungsplatzes in zeitlich direkter Abfolge der ersten Siedler der Bandkeramik.
Zwei zeitgleiche Pfeilspitzen der mittel neolithischen Siedlung
 GRUND mit fast gerader ,bzw. leicht konvexer Basis.
Links vollständig, rechts mit Aufprallschaden.
Länge links 33mm

Mittwoch, 28. Mai 2014

511. Post. Ein Feuerschlagstein aus Sonderbuch

Aus einer 50mm langen Klinge besteht ein in der Nähe (Peripherie) der LBK-Siedlung Schlaghau/Sonderbuch gefundener Feuerschlagstein.

Dorsalseite mit dem verrundetem Funktionsende oben
Es gibt grundsätzlich keine spezielle Technik zur Herstellung von Feuerschlagsteinen, demnach auch keinen spezifischen Typenkanon. Sie beschränken sich auch räumlich und zeitlich nicht auf bestimmte Formen. Eine günstige Ausgangsform war die Voraussetzung, wie sie mit allen geläufigen Techniken der Steinbearbeitung entstehen. Aus unmodifizierten Flintknollen ( langschmal) entstanden sie ebenso wie aus Grundformen, Restkernen oder auch aus Geräten wie Sticheln und Kratzern. Auch an vielen Griffenden von Flintdolchen lassen sich die Spuren des Feuerschlagens erkennen. Robuste und wie hier langschmale Formen scheinen zu dominieren. Die Existenz von Feuerstellen wird seit dem Mittelpaläolithikum als regelhaftes Vorkommen aller urgeschichtlichen Siedlungen belegt. Voraussetzung dafür dürfte auch die bewusste Feuererzeugung gewesen sein. 
Eine zerrüttete Laterale (rechts)




Die Ventralfläche zeigt Glanz

Das andere Ende ( vermutlich das Distalende der Grundform) weist Zerrüttungen auf und ist möglicherweise ein zweites Funktionsende


Auch die Gebrauchsretuschen der Laterale zeigen Glanz

 Zu Feuerschlagsteinen hat eine sehr gute Abhandlung verfasst: C.Fuchs in Steinzeitwissen.de

http://www.steinzeitwissen.de/feuer/feuerschlagstein

Umfassend berichtet Jürgen Weiner in Steinarktefakte (Hrsg. H.Floss) ab Seite 943 über Feuerschlagsteine, die eine eigene Gerätegruppe bilden und in der Literatur nur wenig Erwähnung finden. Mit großer Wahrscheinlichkeit scheint das Feuerschlagen erstmals in Mittelpaläolithikum, sicher aber ins Jungaläolithikum zu datieren. Das älteste bekannte "Feuerzeug" wenn man so will, stammt aus dem Aurignacien der Vogelherdhöhle und die Verbindung Feuerstein und Schwefelkies scheint die älteste Form der Feuererzeugung zu sein, auch wenn sich ohne Belege die Methode des Feuerbohren grundlos weiter zu halten scheint. Der jetzt aufgefundene Feuerschlagstein wurde aktiv geführt.
Europäische Schlagfeuerzeuge bilden nach Weiner ein Ensemble aus drei Bestandteilen: einem Funkenlöser (vorgestelltes Artefakt) einem Funkenspender und einem Funkenfänger ( sog. Zunder) 
Als Funkenspender kommt Schwefelkies in Frage. Bei kurzen bzw. kleinen Stücken, die eindeutige Verrundungen durch Feuerschlagen zeigen, geht man davon aus, dass sie wohl geschäftet gewesen sein müssen. Schwefelkies, das dazu noch eindeutige Gebrauchsspuren in dieser Funktion zeigt hat sich in der Regel nicht oder sehr selten erhalten. C.Fuchs zeigt ein solches spektakuläres Stück auf seiner Steinzeitseite.

Der Feuerschlagstein in Verbindung mit zwei Schwefelkiesknollen aus dem
Schlämmabfall des Geißenklösterle, die entweder nicht beachtet
oder nicht erkannt wurden. Geologisch lässt sich das Vorkommen
 im Höhlensediment vermutlich nicht erklären.


Dienstag, 27. Mai 2014

510. Post. Geschulterter Klingenbohrer ohne Gebrauchsretuschen

Maximale Ursprungslänge weist dieser beidseitig geschulterte Bohrer aus Wippingen auf.

Damit besitzt er die unveränderte Länge der Grundform (Klinge) Die ( hier steilen, dorsalen) Retuschen der Bohrerdorne laufen in der Regel an der Spitze zusammen. Bohrerdorne, formen sich auch durch den Gebrauch. Durch den Gebrauch reduziert sich nicht nur die Bohrerlänge, sondern auch die Breite des Dorns. Der heute aufgefundene Bohrer zeigt jedoch nichts davon, sondern präsentiert sich im ungebrauchten Zustand, lediglich mit den formgebenden Retuschen der Herstellung. Das Dornende wird noch vom Distalende der Grundform gebildet und ist somit ein eher seltenes Beispiel eines noch unbenutzten, vielleicht auch in seiner Herstellung noch nicht ganz vollendeten Werkzeugs (Halbfabrikat).


rechtslateral




dorsal

ventral

linkslateral

oben und unten rechtslateral mit dem Distalende der Grundform 

oben links und rechts vollständige Bohrer mit Dorn, deren formgebende Retuschen von Gebrauchsretuschen überprägt sind.

Montag, 26. Mai 2014

509. Post. Bayrischer Plattensilex in Sonderbuch

Im Mittelneolithikum ist der Handel mit besonderen Rohmaterialien Bestandteil der Kultur. 

Wie schon an anderer Stelle bemerkt, setzt sich im Mittelneolithikum die in der jüngeren LBK einsetzende Bevorzugung lang-schmaler Klingen fort, was wohl auch ein Grund für die systematische Ausbeutung von bayrischem Plattensilex war.
Klingen und Klingenfragmente, zwei davon mit Endretusche, von der stichbandkeramischen Siedlung Grund.
Die Bänderungen, die rindenparallel verlaufen, liegen immer längs der Schlagrichtung.


Bei diesem Plattensilex handelt es sich um einen gebänderten Hornstein aus Abensberg- Arnhofen, der nicht nur wegen seiner sehr guten Qualität und den großen Mengen auf großes Interesse der Archäologie stößt. Aufgrund seiner Färbung und feinen, planparallelen Bänderungen ist er optisch leicht und sicher bestimmbar. Die Ausbreitung des Materials ist deshalb vergleichsweise gut erforscht und aufgrund der Freiland- und Siedlungsbefunde werden frühe Handelswege rekonstruiert.
Er kommt im Neckarland, dem Rhein-Main-Gebiet, in Niedersachsen, Westfalen, Thüringen und Böhmen auf Siedlungen vor. Auch in Österreich gibt es zahlreiche Fundstellen, vor allem um Linz und Melk. Der Abbau in Abensberg-Arnhofen begann nach 5400 vor Christus während der Linienbandkeramik. Auf der LBK-Siedlung SOND8, Schlaghau gibt es vereinzelte Abschläge von der Oberfläche. Der Abbau wurde nach 5000 vor Christus, also an der Wende zum Mittelneolithikum intensiviert. Auf der Stichbandkeramischen Siedlung "Grund", Sonderbuch, gibt es mehrere Lesefunde in Form von langschmalen Kingen und Klingenbruchstücken, obgleich vor Ort ausreichend Rohmaterial vorhanden war. Auch die Ausbeutung der Lagerstätte des Borgerhau hat seine Blütezeit womöglich im Mittelneolithikum erfahren. Die Fladen des Plattensilex waren für die intensive Klingenindustrie prädestiniert und gelangten, wohl als begehrte Handelsware auf die Blaubeurer Alb. Unter den 7300 Artefakten der archäologischen Untersuchung/ Grabung 2006 waren 68,3 % Abschläge, davon waren 15,6 % Klingen aus Jurahornstein.

Einen weiterführenden link zu einer Rohmaterialuntersuchung (zur Diss. von Anne Marie Bertsch ) / Abensberg/Grund/Borgerhau/Höfermahd u.a. finden sie hier:

http://archaeologik.blogspot.de/2014/05/rohmaterialuntersuchungen-auf-der.html

Siehe zu Plattenhornstein Post Nr. 418 (LBK), 193 und 166 ( LBK)

Sonntag, 18. Mai 2014

508. Post. Impressionen der Museumseröffnung - URMU Blaubeuren

Die älteste Kunst der Menschheit ist nun wieder in Blaubeuren, 

Nahe des Hohle Fels, wo sie auch gefunden wurde.
Das "Blaumännle" titelt in dieser Woche: Die Urmutter kehrt ins Achtal zurück. Die Südwest-Presse: Eine Vision wird Wirklichkeit, oder: Einzug der Urmutter...
Gemeint ist die Venus vom Hohle Fels, die nun ihre neue Wohnung im Urgeschichtlichen Musuem (URMU) Blaubeuren bezogen hat. Die nur 6cm große Figurine gilt als derzeit älteste, bekannte Menschendarstellung der Welt und diese Attraktion wurde mit zahlreichen Aktionen im Museum und einem Straßenfest der Stadt Blaubeuren auf dem südlichen Kirchplatz gebührend gefeiert. Gleichzeitig wurde im Museum das neue Tourismusbüro eröffnet.



Große Ereignisse warfen schon im Vorfeld ihre großen Schatten voraus: eines der großen Plakate


Schon um 10 Uhr bildeten sich die ersten Menschenschlangen

Mitmachaktionen






Experimentelle Archäologie- Klingentechnologie 


Experimentelle Archäologie- Friedrich Palmer




Steinzeitwerkstatt-Mitmachaktionen




Der großzügige Innenhof- während sich im Museum die Menschen stauten und ein Fortkommen nur in "Blockabfertigung" möglich war...

Experimentalarchäologe Friedrich Palmer und Bürgermeister Seibold

Sensationen ziehen an. Echte Superlative rechtfertigen den Aufwand...
Oben am Eingang zum neuen URMU. Ein Schwerpunktmuseum Altsteinzeit. Fundstücke und Illustrationen enden mit dem Paläolithikum. In der alten Konzeption wurde der Bogen bis hinein in das Neolithikum gespannt. Von diesem alten, mehr wie ein "Heimatmuseum" konzipierten Erscheinungsbild wird nun deutlich, in jeder Beziehung überzeugend und beeindruckend und auch mit erheblichem finanziellen Aufwand ab gewichen. Das Neolithikum fehlt jetzt. Die Geschichte nach Ende der Altsteinzeit wird in Blaubeuren nirgends erfassbar und erlebbar, eine Ausnahme bietet das Heimatmuseum im Badhaus.  Damit unterschiedet sich das beeindruckende Konzept von Museen wie in Schelklingen oder in Ehingen, die dem Besucher eine Zeitreise durch alle Zeiten zu ermöglichen versuchen. Auch in Blaubeuren gibt es - z.B. mit den Hornsteinabbaustellen auf der Blaubeurer Alb noch heute im Gelände sehr beeindruckende Zeugnisse der Menschheitsentwicklung die mehr Beachtung verdient hätten.  Vielleicht ergeben sich daraus noch neue Ziele für die Zukunft.