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Samstag, 5. Oktober 2013

480. Post. 25 Jahre GfU Blaubeuren. 5. Oktober 2013

Die Feierlichkeiten begannen um 9:30 Uhr mit einem Festkolloquium. Nach der Begrüßung durch den 1. Vorsitzenden Georg Hiller, sprach Prof. Dr. Claus-Joachim Kind, Landesamt für Denkmalpflege über die neuen Ausgrabungen am Hohlenstein..."Auf der Suche nach dem Löwenmenschen"

Prof. Dr. Kind erhielt eine Nachbildung der Blaubeurer Knochenflöte. 2010 wurden neue Bruchstücke des Löwenmenschen gefunden, weil man bei den Nachgrabungen auf das Planum der alten Ausgrabung stieß, die wegen der Kriegsereignisse ein gestellt worden waren.  

Im November soll der "neue" , ergänzte Löwenmensch der Öffentlichkeit vor gestellt werden. Der Vortrag wurde von Bildern aus der Restaurierungswerkstatt begleitet. Die Hinterlassenschaften des Alltags lagen im Hohlenstein im Lonetal hauptsächlich im vorderen Teil der Höhle, während die Figurine im hinteren Teil, der "Kammer des Löwenmenschen" lag. Man vermutet hier eine Besonderheit, vielleicht darin, dass dieser Teil eine Art "Heiligtum" gewesen sein könnte.

Professor Harald Floss

(Diss.: Rohmaterialversorgung im Paläolithikum des Mittelrheingebiets) 
Prof. Harald Floss, Universität Tübingen sprach über : Börslingen - eine neu entdeckte Fundstelle auf den Randhöhen der Schwäbischen Alb oberhalb des Lonetals. Hier lagerte an einem primären Vorkommen von Börslinger Hornstein einst der Neandertaler und später der moderne Mensch im  Jungpaläolithikum. Es gibt auch Belge des Mesolithikums, während das Neolithikum fehlt. Das Vorkommen war wohl in Vergessenheit geraten.

Über 3000 Hornsteinartefakte wurden in Börslingen bisher ein gemessen. Ein wichtiger Beitrag zur Steinzeitforschung, den Ehrenamtliche mittels Lesefunden zur Wissenschaft beitragen können.
http://www.swp.de/ulm/lokales/alb_donau/Neandertaler-auf-der-Schwaebischen-Alb;art4299,1754568

Es kann inzwischen auch nach gewiesen werden, dass der Rohstoff für die Werkzeuge der Lohnetalhöhlen  unter anderem hier gewonnen wurde. Die Untersuchungen laufen noch. 



Herr Professor Floss verabschiedete sich im Anschluss in Richtung  Börslingen, wo die Ausgrabungen jetzt fort gesetzt werden. Wie alle Referenten hat er eine Knochenflöte im Gepäck.

Siehe auch:  "erste Sonderbucher war ein Neandertaler", wie Einzelfunde auf Sonderbucher  Gemarkung nahe legen. Mit der Nähe zur Großen Grotte und der nahen Lagerstätte von Jurahornstein, aber auch zahlreicher Primärlagerstätten die Oberflächen nah anstehen, könnten hier durchaus vergleichbare Verhältnisse vorliegen. 
http://lesefunde.blogspot.de/2013/08/472-post-der-erste-sonderbucher-war-ein.html

Dr. Sibylle Wolf

Dr. Sibylle Wolf, Universität Tübingen sprach über die früheste Elfenbeinbearbeitung und - schmuck
 vor 40 000 Jahren. Sie beschäftigte sich intensiv mit dem Schmuck der Albhöhlen. Angesichts des Ausmaßes an Fundstücken sprach sie von einer "Mammutelfenbeinindustrie." Dazu zählen Perlen, figürliche Kunst, Anhänger, Elfenbeinbänder, eine Flöte und ein Flötenrohling. 

Sehr besonders ist eine doppelt gelochte Perle, die immer wieder, fast massenhaft im Hohle Fels gefunden wird. Jede Fundregion- so auch in Blaubeuren- besitzt eine eigene Ausprägung. Die früheste Elfenbeinbearbeitung ist in Blaubeuren und Umgebung nach gewiesen. Der Schmuck belegt in Aach- und Lonetal somit nicht nur eine eigene Kultur, sondern damit verbunden auch eine eigene Gruppenidentität. Das tradierte Hauptmerkmal war die doppelt gelochte Perle. 

Dr. Bärbel Auffermann, Mettman

Dr. Bärbel Auffermann vom Neandertalmuseum Mettman sprach von wilden Männern und Frauen- über unser Bild der Neandertaler im Wandel der Zeit und im Verlaufe der Forschung
Der Vortrag hielt sich weitgehend an folgende Veröffentlichung: pdf.
http://www.google.de/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=1&cad=rja&ved=0CDEQFjAA&url=http%3A%2F%2Fwww.neanderthal.de%2Fen%2Fabout-us%2Fnm-association%2Fmembership%2Findex.html%3Ftx_redcontentdownloads%255Bfile%255D%3D134%26cHash%3Dcbf2c963b7&ei=xPumUa2TFIvptQac1ICoCw&usg=AFQjCNGR1QhkY1cY9XS2LPXWcp3Hqn9_gQ&bvm=bv.47244034,d.Yms

Der heute aus gestorbene Verwandte sah in den frühen Illustrationen und Rekonstruktionsversuchen eher wie ein "Penner" aus, sagte Auffermann und nicht wie ein Kulturträger, sicher nicht um eine Subkultur zu diskriminieren hoffen wir, sondern um ihn zu rehabilitieren.  Das Bild "vom Wilden Mann" scheint sich aber hartnäckig zu halten. ( siehe: http://www.steinzeitwissen.de/mittelpalaolithikum/das-falsche-bild-der-urgeschichte
Frau Dr. Auffermann vom Neandertalmuseum Mettmann zog ein Resümee: Der Neandertaler war kein Mensch wie wir, aber er war ein Mensch.

Im Boleg'schen Haus war eine kleine Ausstellung zu der 25jährigen Vereinsgeschichte der GfU zu sehen. Alle Bildrechte der Ausstellung beim Verein.

Die Ausgrabung auf einer neolithischen (LBK) Siedlung bei Sonderbuch, Exkursion 2008


Prof. Conard als " Reiseführer " einer Exkursion  der GfU

Prof. Müller Beck.

Joachim Hahn bei einer Exkursion der GfU nach Lascaux
(hier Rouiffignac)


Prof. Hahn am Abri du Moustier...
Bildrechte bei der GfU
Die kleine Ausstellung gab einen guten Eindruck von den vielfältigen Aufgaben, die der Verein in 25 Jahren seiner Tätigkeit wahr nahm und ebenso einen interessanten Einblick in die zahlreichen Veranstaltungen und Exkursionen. Die GfU hat gegenwärtig ca. 380 Mitglieder weltweit. Durch die teilweise aufwändige und lange Anreise konnten selbstverständlich nicht alle Mitglieder an den Feierlichkeiten teilnehmen. Ich möchte Sie sehr dazu ermuntern die gute Sache GfU durch eine Mitgliedschaft zu unterstützen. Die Formulare hierzu finden Sie auf der homepage der Gesellschaft.  Siehe Beitrittserklärung: http://www.gfu-blaubeuren.de/

Um 19:00 Uhr begann der Festabend in der Evangelischen Stadtkirche. LOB, LOB, LOB, und Dankesworte reihten sich aneinander. Die Grußworte kamen von Dekan Schwarz für die evangelische Kirche als Hausherr der Veranstaltung, von Landrat H. Seiffert für den Alb-Donau-Kreis und die Stiftung Urgeschichtliches Museum, (Zit.:"Die GfU hat die Brücke zwischen der Wissenschaft und den interessierten Bürgern geschaffen") von Bürgermeister Jörg Seibold für die Stadt Blaubeuren, von Prof. Nicholas Conard für die Universität Tübingen ( Zit.:"Für mich gibt es nichts schöneres als die Archäologie...die Funde haben meine Vorstellungskraft immer übertroffen...") u.a.
Der erste Vorsitzende Georg Hiller, Bürgermeister a.D. hielt einen Rückblick auf 25 Jahre Vereinsgeschichte. Der 2. Vorsitzende Professor Conard sprach in seiner Eigenschaft als Vereinsvorstandsmitglied über die Zusammenarbeit von Forschung (Universität) und der GfU. Schließlich referierte die Kustodin des Urgeschichtlichen Museums,  Dr. Stefanie Kölbl über die Konzeption des neuen Museums. 1965 wurde das Museum gegründet, später der Förderverein GfU. Alle Referenten strichen besonders heraus, dass sich im Blaubeurer Urgeschichtlichen Museum in der -als Mitglieder der GfU- Laien, interessierte Amateurarchäologen  und die Wissenschaftler auf Augenhöhe begegnen können.

Die Feier gestaltete sich im für ein Vereinsjubiläum üblichen Rahmen, zu dem auch Ehrungen der Gründungsmitglieder ( Müller-Beck, Bernhard Stich, Prof Kind, Werner Maier, Hilde Allgaier) vor gesehen, aber nicht alle anwesend waren. Joachim Hahn ist schon früh verstorben, Prof. Müller Beck konnte wegen einer Erkrankung nicht teil nehmen. Ein Stehempfang im Kleinen Großen Haus schloss sich an. Musikalisch umrahmt wurde die Feier der Flötengruppe "blue spectrum"  (Heidrun Fleischer, Ute Nachbauer, Imogen Saß, Barbara Spreer und Dorothea Federle), die u.a. Stücke auf Flötenrepliken der jüngeren Altsteinzeit zu Gehör brachten.
Sicherlich geht es mit der Idee ein Museum durch eine Gesellschaft zu fördern auch darum Geld und Arbeitsleistungen für die Sache zu generieren. Die Leistungen, die an diesem Abend bis in Einzelheiten gerühmt wurden geschehen ehrenamtlich. Die wichtigste Leistung allerdings ist nach meiner Meinung die, dass die Ehrenamtlich hier Tätigen Multiplikatoren für das Geschichtsverständnis in der Bevölkerung und letztlich Vehikel für das Verständnis unseres gesellschaftlichen Auftrages um unser archäologisches Erbe sind. Ein Erbe, das noch immer in der Bevölkerung nicht auf jenes Interesse stößt, das es verdient. Wenn am Tag der Deutschen Einheit ein Baden-Württembergischer Ministerpräsident die Leistungen des Landes rühmt und neben Daimler und Co. kein einziges Wort darüber verliert, dass hier die Keimzelle von Musik, Kunst und Religion, also dessen liegt, was menschliche Kultur im weitesten Sinne ausmacht, dann wird klar, dass das urgeschichtliche Erbe noch viele Anwälte braucht.

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