Die ersten Felder sind 2016 abgeerntet und umgebrochen. Zeit für die ersten Begehungen der neuen Saison.
So recht auf den Geschmack kann man kommen, wenn man gleich bei den ersten Bahnen auf ein bislang einmaliges Artefakt stößt.
Gleichartiges konnte auf den Sonderbucher Fluren (-schon weil vollständig und unbeschädigt) bislang nicht gefunden werden, denn die - "SPITZE-" besteht schon mal nicht aus einer Klingengrundform, sondern zeigt als echtes Kerngerät auf beiden Flächen den Kortex eines Silex, der in Fladenform vorkommt. Spontan denkt man da an den Plattensilex von Abensberg Arnhofen, der in verschiedenen Zeithorizonten auf der Blaubeurer Alb auftaucht, jedoch lässt sich hier keine Bänderung erkennen. Das Stück erinnert an ein Artefakt aus Plattensilex des Höfermahd aus demselben (?-oder ähnlichem?) Material, das mir jedoch zum Vergleich im Moment nicht vorliegt, da es sich zur Bearbeitung in Tübingen befindet. Aus diesem Rohmaterial wurden im jüngeren Neolithikum zahlreich Sicheln (im weitesten Sinne "Messer" bzw. lateral retuschierte Artefakte mit schneidender Funktion) gefertigt.
Knapp 50 mm lang und 7 Gramm schwer und damit außerhalb der Norm einer gewöhnlichen ebenso bifaziell, unilateral retuschierten Pfeilspitze, und hat ihre Größe nur mit den neolithischen Bohrern gemein, was es definitiv nicht ist.
...an der Basis weist das Artefakt eine Verjüngung auf, die zum Zwecke einer Schäftung angelegt worden sein könnte. Möglicherweise war das Stück auch noch etwas länger, da dieses Ende nach einem glatten Bruch aussieht.
vergleichbares Material von der Frankenalb? gefunden in Wippingen, Höfermahd. vorerst muss die Rohmaterialfrage unbeantwortet bleiben. |
Ein bemerkenswerter, neuer Fund, dessen genauere Zurodnung sich bei eingehender Betrachtung auf einer bifaziell modifizierten Lateralen erschließt und was mit meinen bescheidenen fotografischen Versuchen nicht dar zu stellen war: Eine Laterale (=Gebauchs- und Funktionsende/-kante) zeigt deutlich mehr Glanz, nämlich Lackglanz, dessen Entstehungsgrund hier schon mehrfach dargelegt wurde. Der Gebrauch und die Art der Schäftung ist dafür verantwortlich, dass dieser Gebrauchsglanz nur auf einer Lateralen entstand, unter Ausnahme des kurzen "Schaftdorns". Spitz zuretuschierte Werkzeuge (in der Regel aus Klingen und Abschlägen) sind regelmäßig in spät- bis endneolithischen Inventaren belegt. Leitcharakter haben endgeschäftete Dolchklingen, die weniger stechende, sondern schneidende Funktion hatten. Mit dem Begriff Erntemesser scheint man sich bei dem neuesten Fund, dem "Typus" vielleicht am ehesten zu nähern. In der Horgener Kultur Südwestdeutschlands oder der Chamer Gruppe, aber auch Goldberg III und der Schnurkeramik Bayerns finden sich beidseitig flächenretuschierte Dolche - zumeist aus Plattensilex. ( siehe Gerätebestand des Jung- und Endneolithikums von Petra Kieselbach, in Steinartefakte, Tübingen 2012) Spätestens seit "Ötzi" haben sich bei mir auch die Vorstellungen von Größen von Dolchen relativiert.Aufgrund des einseitigen Lackglanzes dürfte sich das Artefakt in einem professionellen Grabunsinventar vermutlich auch in der Kategorie Lackglanz wiederfinden. Er entsteht wie die Politur durch den Gebrauch, in diesem speziellen Fall durch den mehr oder weniger intensiven Kontakt mit silikathaltigen Pflanzen, durch Schneiden von Getreide, Schilf usw.
Gefunden auf Sonderbucher Markung in der Nähe von ehemaligen Erdfällen die in früheren Zeiten einen Gunstfaktor für Siedlungstätigkeit dargestellt haben könnten und deren Peripherie von neolithischen Funden dominiert wird, jedoch auch paläolithische Komponenten aufweist.Erdfälle sind Schlucklöcher zur Entwässerung der Oberfläche und sind vielleicht früher nach starken Regenfällen nicht so schnell trocken gefallen wie heute. Auf der Alb gibt es keine oberirdischen Abflüsse, das Oberflächenwasser muss durch den Karst. Konnten hier sogar mal Schilf oder Seggen geschnitten werden?
Als Kerngerät ist diese Spitze morphologisch den Faustkeilen näher, als den neolithischen Spandolchen, die aus Klingengrundformen gefertigt wurden.
Derlei bifazielle Geräte sind auch aus der nahen Welterbestätte
Ehrenstein bekannt und geben damit den Funden der Blaubeurer
Alb einen Anhatspunkt für den fraglichen Zeithorizont.
Schöne und liebe Grüße an meine langjährigen Weggefährten bei R.P.Gawel's geschlossenem Steine-Scherben-Forum. Danke, dass ich dabei sein durfte.Viele von Euch haben mir über lange Zeit viel gegeben und weiter gebracht. (Alles hat seine Zeit...Prediger 3,1ff)
Als Kerngerät ist diese Spitze morphologisch den Faustkeilen näher, als den neolithischen Spandolchen, die aus Klingengrundformen gefertigt wurden.
Jungneolithisches zum Thema Schneiden Sichelklingen Die Grenzen zum "Dolch" sind zuweilen fließend ... |
besonders deutlich bei der zweiten Klinge von links, die eine Spitze aufweist. Hier jedoch alle Geräte aus Klingengrundform |
Ehrenstein bekannt und geben damit den Funden der Blaubeurer
Alb einen Anhatspunkt für den fraglichen Zeithorizont.
Ob Dolch oder Sichelklinge...Morphologisch sind sie zusammenfassbar und an zu sprechen als kanten- und endretuschierte, sowie flächenretuschierte Werkzeuge mit schneidender Funktion.
So oder so ähnlich versucht die experimentelle Archäologie sich der Erklärung der Funtkion des Kompositgerätes Sichel/Erntemesser zu nähern |
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